H
HPollmeier
Gast
Loso hat mir am 06.Nov 2004 zum Thema geschrieben:
‚Hallo,
sehe dich gerade online. Wie wär´s, wenn du deinen Artikel über das Schattentheater - gelesen im Thai-Robert-Forum - hier auch mal reinsetzt? Es gibt dazu übrigens zwei Doku-Filme –
http://www.wernernekes.de/media_videos_02.htm -
„media magica ist eine video-reihe über optische unterhaltung (vor erfindung des films), über optische effekte und optisches spielzeug. werner nekes ist einer der besten kenner der materie und beschäftigt sich seit jahrzehnten mit dem thema. ausserdem kann er für seine filme auf eine der größten und besten sammlungen mit optischen geräten zurückgreifen. nekes` videos machen die funktion der einzelnen geräte auf faszinierende weise anschaulich.“
- von Werner Nekes. Der hat nicht nur mehrere Filme mit "Blödel"-Helge-Schneider gemacht, sondern auch zahlreiche Film-Professuren inne gehabt. Die Filme sind nur in thailändischer Original-Sprache und nur auf VHS erhältlich, wie er mir per e-mail mitteilte, Bestellung per e-mail findet man über den zurück-Button. Vielleicht interessiert´s dich ja.
Gruss Andreas
Hallo Andreas und die anderen interessierten Leser!
Der Wunsch ist mir Befehl; ich bitte nur, bei den Bildern Nachsicht zu ueben, weil ich sie zusammengestueckelt habe. Leider habe ich seinerzeit versäumt, bei den erlebten Aufführungen gute Bilder zu machen. Als Ersatz weise ich auf einige sehenswerte Webseiten hin.
Schattentheater
Von Heinz & Rainer Pollmeier
Das klassische thailändische Schattentheater, der Nang oder Nang Talung,
war früher in der siamesischen Gesellschaft hochgeschätzt. König Mongkut
(1851-1868) liebte ihn ganz besonders. In Bangkok ist er praktisch verschwunden. Die Spezialisten dieser Kunst sterben aus.
Warum bringen wir dann alte Kamellen? Es gibt nach C. G. Jung Archetypen, Urformen des kollektiven Unbewussten im Menschen, die die ererbte Grundlage unserer Persönlichkeitsstruktur bilden. Denken wir an die düsteren Silhouetten der Höhlenmalereien, an den Hades der Griechen, den Orkus der Römer, die Totenreiche unter der Erde! Schatten sind die dunklen Seiten unserer Existenz. Tag und Nacht, Finsternis und Feuer, Luzifer und Engel, Licht und Schatten sind ohne Zweifel Urphänomene der Erde. Wie fasziniert heutzutage noch ein kosmischen Schauspiel, wenn der Schatten des Mondes über die Erde wandert.
In Thailand wurde der Nang durch die malaiischen Könige von Srivijaya eingeführt. Im Süden des Landes hat sich die Tradition am besten erhalten. Stephan S. Kurz sagt „Im Wesentlichen lassen sich fünf verschiedene Theatergattungen in Thailand aufführen... Der Khon... der maskenlose Lakhon... das Likay. Zwei weitere Formen sind der Hun und der Nang, beides Puppentheater. „ Beim Nang „werden aufwendig gestaltete, detailreiche zweidimensionale Figuren aus Rinderhaut durch eine Lampe auf eine Wand projeziert und erzählen vorwiegend Episoden aus dem Ramakien... Der Hun ist ein Marionettentheater, seine Puppen werden auf Stäben geführt.„
Wer ein gutes Schattenspiel in Nakhon Si Thammarat, in Phatthalung – das thailändische Schattentheater ist nach dieser Stadt benannt, denn ‚nang’ bedeutet Rohhaut, das ungegerbte Leder - oder - eher selten - auf dem Nachtmarkt von Krabi gesehen hat, wird die Antiquitätenhändler in Bangkok ´abgrasen´, um die flachen und bemalten, aus gegerbtem Leder ausgestanzten und an Bambusstäben befestigten Figuren zu erstehen. Die
indonesischen Wayang Kulit-Puppen sind individueller gestaltet und haben bewegliche Arme, während die großen thailändischen Figuren eine suggestive Wirkung ausüben.
Ursprung und Bedeutung
Die Wiege des Schattentheaters liegt im Fernen Osten. Aber wie so oft streiten sich die Gelehrten, ob die Ursprünge in China, Indien oder Indonesien zu suchen sind. Jedenfalls ist das Schattentheater in Asien die älteste Form der dramatischen Darstellung - und auf sehr hohem Niveau.
Erste schriftliche Aufzeichnungen stammen aus dem China der Sung-Dynastie um 1000 n.Chr. Die Schattenspiele sind wahrscheinlich viel früher entstanden, denn eine chinesische Legende aus dem Jahre 121 v. Chr. erzählt von einem Magier, der am Hofe des Kaisers Wu (140-87 v. Chr.) Schattentheater veranstaltete.
Die Lieblingsgemahlin des Herrschers war gestorben. Der Kaiser fiel in tiefe Betrübnis, die Untertanen konnten ihn nicht aufheitern. Eines Tages erschien Shao Wong und versprach, die Gestalt der toten Gattin wiedererstehen zu lassen. In der Dunkelheit spannte er einen Vorhang und hängte eine Lampe dahinter. Zwischen Lampe und Stoff hielt er eine Frauenfigur und projizierte auf die Leinwand einen Schatten; er glich dem Aussehen der Verstorbenen.
Chinesische Theateraufführungen – wie hier in Phet Buri – sieht man in Thailand noch recht häufig:
Bei allen Theorien ist unstrittig: Schattentheater ist religiöser Ahnendienst. Die chinesische Legende betont diesen Aspekt. Die Lederfiguren sind personifizierte Ahnen, die im Rang von Göttern stehen, oft sind sie bedeutsame Führer und Helden. Die Lebenden wünschen den Segen der Ahnen. Der Schattenspieler ist Botschafter, vermittelt sozusagen über die Figuren zwischen den Welten, beschwört Götter und Geister, wenigstens für die Spieldauer und möglichst darüber hinaus unter den Irdischen zu weilen.
Schattentheater ist Kult. Figuren, die auf dem Schattenschirm erscheinen, sollen helfen, vor Unbill zu schützen, böse Geister zu vertreiben, eine gute Ernte zu erlangen oder von Krankheiten zu heilen. Indonesische Schattenspieler sind durchweg Priester, sie opfern den Göttern, bevor sie mit dem Spiel beginnen. Und sie spielen bei vielen Gelegenheiten, z. B. wenn ein neuer Lebensabschnitt beginnt oder eine wichtige Entscheidung ansteht: Hochzeiten und Einäscherungen, Feierlichkeiten zur Geburt eines Kindes oder zur Tempeleinweihung.
Schattentheater ist religiöse Tradition. In vielen Ländern Asiens treten mythisch-religiöse Personen auf. Anhand der wechselvollen Geschichte der Helden aus den Hindu-Epen Ramayana und Mahabharata läßt sich z. B. eine gemeinsame Wurzel aus Indien über Kambodscha, Thailand und Malaysia bis nach Indonesien verfolgen. In unterschiedlichen Kulturen erzählen die Dramen vom ewigen Kampf zwischen Gut und Böse.
Schattentheater ist Unterhaltung. Im chinesischen Spiel werden neben
buddhistischen und taoistischen Legenden und Zauberdramen profane historische und aktuelle Themen aufgeführt. Die fast völlig verschwundenen türkischen Karagöz-Komödien sind z. B. reine Volksbelustigung.
Die thailändischen Lederfiguren ähneln sehr stark den indonesischen, wie z. B. dem nachstehenden Gott Rama aus dem Wayang Museum in Jakarta:
Herstellung der Figuren
Die traditionellen Schattenfiguren fertigt man aus den Fellen vom Büffel
oder Rind, in China auch vom Esel. Die Häute werden nach dem Abdecken
gewaschen und in der Sonne getrocknet, die Oberfläche wird bis zur
Transparenz geschabt, die Tierhaut in Kalklösung geschmeidig gemacht.
Wiederholtes Einweichen, Schaben und Trocknen stellt die erforderliche
Stärke her. Aus den präparierten Häuten werden die Figuren geschnitten,
meist nach besonderen Regeln bemalt und vor allem in Indonesien mit
Ornamenten versehen; mit kleinen, unterschiedlichen Meißeln wird das
Leder durchbrochen. Beim Bemalen wird die Transparenz der Figuren in
Indien, China und teilweise Thailand erhalten, in Malaysia und Indonesien aufgehoben.
Aber bei uns verblassen die Farben nach einigen Jahren doch arg, wenn man sie nicht pfleglich behandelt; der „Gunungan“, der Baum des Lebens, ist sozusagen verdorrt – da hilft auch keine Phototechnik:
Hier blüht er noch in voller Pracht:
http://images.google.de/imgres?imgu.../images?q=Schattenspielfiguren&hl=de&lr=&sa=G
Auch bei diesem Händler strahlen die Figuren noch intensiv; da er unseren Text ohne ausdrueckliche Genehmigung benutzt, revanchieren wir uns mit Bild-Anleihen:
http://www.kaufraum.de/basar/exit-list/item_cat.cat_id-15/von-1/bis-20/Indonesien.html
Wenn man Figuren ‚scannt’, kann man noch ein wenig Farbkraft herausholen:
Spieltechnik
Die Spielfiguren werden durchweg hinter einer weißen, beleuchteten
Leinwand geführt, das Publikum sitzt meist vor dem Schirm und sieht die
überwiegend durchbrochen gearbeiteten Figuren. In Thailand treten die Spieler bei den seltenen Aufführungen mit den alten Nang Yai-Figuren vor
die Leinwand, die von hinten erhellt wird. Sie versuchen, die Bewegungen
ihrer Figuren im Tanz nachzuahmen. Auf Bali und Java können sich die
Zuschauer aussuchen, von welcher Seite sie das Spiel verfolgen wollen.
Jede der bis zu zwei Meter hohen indischen, thailändischen und kambodschanischen Figuren wird von einem Spieler bedient, so daß ohne die Musiker bis zu zehn Personen ein Stück aufführen. In China und der Türkei begleiten mehrere Mitarbeiter einen Spielleiter, in Südthailand, Malaysia und Indonesien wird der Spieler höchstens von zwei Assistenten bedient, die die Figuren anreichen. Die Chinesen arbeiten mit vielfältigen Kulissen, die in Thailand und Indien nur in einem Schattenbild dargestellt werden. Die malaysische und indonesische Bühne regt die Phantasie der Zuschauer nicht zusätzlich an.
Schattentheater heute
In China und Malaysia besucht man häufig das Spiel der Schatten, während es in den anderen Ländern nur wenige Aufführungen gibt.
Und nun zwischendurch in lockerer Folge eigene indonesischen Wayang Kulit-Puppen, ‚gescannt’ und bearbeitet:
Lediglich auf Java und Bali ist das Schattentheater dank jahrhundertelanger Traditionpflege noch fest im täglichen Leben verankert. Die Massenmedien übernehmen die Helden der eigenen Überlieferung in Radio, Film und Fernsehen, sogar in Comic-Serien. Das indonesische Wayang Kulit - "Schatten aus Leder" - hat mit hinduistischen Inhalten den Islam überlebt und interpretiert auf seine Art die Verbundenheit mit dem Jenseits.
Literatur und Quellen:
Deutsche Bücher - ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Unter
http://members.aol.com/schattentheater/literature.htm
Grube, Wilhelm, Chinesische Schattenspiele, München, 1915.
Kaminski, Gerd, Unterrieder, Else, Der Zauber des bunten Schattens.
Chinesisches Schattenspiel einst und jetzt, Klagenfurt,1988.
Simon, Rainald, Das chinesische Schattentheater (Katalog der Sammlung
des Deutschen Ledermuseums Offenbach am Main), Melsungen, 1986.
Simon, Rainald (Hg.), Chinesische Schatten: Lampenschattentheater aus
Sichuan; die Sammlung Eger, Deutscher Kunstverlag, München, 1997.
Bücher zur Schattenspielpraxis finden Sie unter
http://www.schattentheater.de
Weitere Internethinweise:
http://members.aol.com/schattentheater/museums.htm
Relativ viele Völkerkunde- und Theatermuseen haben chinesische
Schattenspielfiguren in ihren Beständen, aber nur wenige verfügen über
eine ausstellungswürdige Sammlung. Im folgenden sind die wichtigsten
Museen in Deutschland aufgeführt:
Ledermuseum Offenbach: http://www.ledermuseum.de/inhalt_d/vo_3_d.html
Das Ledermuseum besitzt die vermutlich größte öffentliche Sammlung an
chinesischen Schattenspielfiguren außerhalb Chinas. Den Grundstock
bilden zwei sehr umfangreiche Sätze aus Peking, die in den dreißiger
Jahren erworben wurden. Später wurden weitere Sätze aus den Provinzen
Hubei und Gansu erworben. Ferner werden einige Figuren aus Chengdu
(Provinz Sichuan) ausgestellt.
Stadtmuseum München: http://www.stadtmuseum-online.de/
Das Stadtmuseum hat einen Satz großer Figuren aus Chengdu (Provinz Sichuan) in seinem Besitz
Filmmuseum Düsseldorf
http://www.duesseldorf.de/kultur/filmmuseum/index.html
1993 erwarb das Filmmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf eine Sammlung aus dem Privatbesitz von Dr. Max Bührmann und Hans-Joachim Kemper
Sonstige Texthinweise:
http://www.schattentheater.de/files/deutsch/info/finfo.html
Um Interesse zu wecken, zitieren wir kurz:
„Das europäische Schattentheater:
Auf dem Weg über die alten Handelsstraßen kam das Schattentheater um
1650 nach Europa. Doch der einseitig vom Intellekt geprägte Europäer
konnte mit dem unfassbaren Schatten und der Schattenfigur wenig
anfangen. Dem Europäer liegt die "begreifbare" , dreidimensionale Figur
der Marionette oder die Handpuppe näher. Die Schattenfigur entstammte
einem Kulturraum, in dem die hinter der Wirklichkeit liegende Welt, die
Meditation, Stille, Spiritualität eine wichtige Rolle spielte. Traum und
Wirklichkeit sind für den fernöstlichen Menschen bis heute keine
Gegensätze.
Nur einmal in der Neuzeit kam das europäische Schattenspiel zu wirklicher Blüte, und das geschah - wen wundert´s - in der Zeit der Romantik. Goethe, Brentano, Mörike, Uhland, Kerner u.a. schrieben Stücke für Schattentheater und veranstalteten selbst Schattenspiele. Damals gehörte das Spiel mit den Hand- und Körperschatten und das Schneiden von Silhouetten in jedem bürgerlichen Haus zum guten Ton. In Paris feierte das berühmte Schattentheater "Le Chat Noir" Triumphe.„
http://home.t-online.de/home/puppentheater/inhalt/gesch/geschi3.htm
Kurzes Zitat:
„In fast allen Ländern gibt es kasperähnliche Figuren. In Holland den Jan
Klaassen, in Dänemark den Mester Jackel, in Russland gibt es Petruschka,
in Rumänien den Vasilache usw. Sie alle kämpften erfolgreich gegen
Hexen, Tod und Teufel, gegen das Krokodil und die Obrigkeit.
Eine Besonderheit der Handpuppenspieler früherer Zeiten war in einigen
Ländern das Mitwirken lebender Tiere auf der Bühne. So wurden in
Frankreich die Katze, in Böhmen Meerschweinchen und in England der Hund Toby ins Spiel einbezogen. Zum Vergnügen der Zuschauer biß der Hund Toby auf Kommando seinem Gegenüber in die Nase.„
Abschließend ein herrlicher Artikel von Hans Rudolf Reust:
http://www.museenkoeln.de/ausstellungen/agfa_0212_nekes/reust.html
Gruss
Heinz
‚Hallo,
sehe dich gerade online. Wie wär´s, wenn du deinen Artikel über das Schattentheater - gelesen im Thai-Robert-Forum - hier auch mal reinsetzt? Es gibt dazu übrigens zwei Doku-Filme –
http://www.wernernekes.de/media_videos_02.htm -
„media magica ist eine video-reihe über optische unterhaltung (vor erfindung des films), über optische effekte und optisches spielzeug. werner nekes ist einer der besten kenner der materie und beschäftigt sich seit jahrzehnten mit dem thema. ausserdem kann er für seine filme auf eine der größten und besten sammlungen mit optischen geräten zurückgreifen. nekes` videos machen die funktion der einzelnen geräte auf faszinierende weise anschaulich.“
- von Werner Nekes. Der hat nicht nur mehrere Filme mit "Blödel"-Helge-Schneider gemacht, sondern auch zahlreiche Film-Professuren inne gehabt. Die Filme sind nur in thailändischer Original-Sprache und nur auf VHS erhältlich, wie er mir per e-mail mitteilte, Bestellung per e-mail findet man über den zurück-Button. Vielleicht interessiert´s dich ja.
Gruss Andreas
Hallo Andreas und die anderen interessierten Leser!
Der Wunsch ist mir Befehl; ich bitte nur, bei den Bildern Nachsicht zu ueben, weil ich sie zusammengestueckelt habe. Leider habe ich seinerzeit versäumt, bei den erlebten Aufführungen gute Bilder zu machen. Als Ersatz weise ich auf einige sehenswerte Webseiten hin.
Schattentheater
Von Heinz & Rainer Pollmeier
Das klassische thailändische Schattentheater, der Nang oder Nang Talung,
war früher in der siamesischen Gesellschaft hochgeschätzt. König Mongkut
(1851-1868) liebte ihn ganz besonders. In Bangkok ist er praktisch verschwunden. Die Spezialisten dieser Kunst sterben aus.

Warum bringen wir dann alte Kamellen? Es gibt nach C. G. Jung Archetypen, Urformen des kollektiven Unbewussten im Menschen, die die ererbte Grundlage unserer Persönlichkeitsstruktur bilden. Denken wir an die düsteren Silhouetten der Höhlenmalereien, an den Hades der Griechen, den Orkus der Römer, die Totenreiche unter der Erde! Schatten sind die dunklen Seiten unserer Existenz. Tag und Nacht, Finsternis und Feuer, Luzifer und Engel, Licht und Schatten sind ohne Zweifel Urphänomene der Erde. Wie fasziniert heutzutage noch ein kosmischen Schauspiel, wenn der Schatten des Mondes über die Erde wandert.

In Thailand wurde der Nang durch die malaiischen Könige von Srivijaya eingeführt. Im Süden des Landes hat sich die Tradition am besten erhalten. Stephan S. Kurz sagt „Im Wesentlichen lassen sich fünf verschiedene Theatergattungen in Thailand aufführen... Der Khon... der maskenlose Lakhon... das Likay. Zwei weitere Formen sind der Hun und der Nang, beides Puppentheater. „ Beim Nang „werden aufwendig gestaltete, detailreiche zweidimensionale Figuren aus Rinderhaut durch eine Lampe auf eine Wand projeziert und erzählen vorwiegend Episoden aus dem Ramakien... Der Hun ist ein Marionettentheater, seine Puppen werden auf Stäben geführt.„

Wer ein gutes Schattenspiel in Nakhon Si Thammarat, in Phatthalung – das thailändische Schattentheater ist nach dieser Stadt benannt, denn ‚nang’ bedeutet Rohhaut, das ungegerbte Leder - oder - eher selten - auf dem Nachtmarkt von Krabi gesehen hat, wird die Antiquitätenhändler in Bangkok ´abgrasen´, um die flachen und bemalten, aus gegerbtem Leder ausgestanzten und an Bambusstäben befestigten Figuren zu erstehen. Die
indonesischen Wayang Kulit-Puppen sind individueller gestaltet und haben bewegliche Arme, während die großen thailändischen Figuren eine suggestive Wirkung ausüben.

Ursprung und Bedeutung
Die Wiege des Schattentheaters liegt im Fernen Osten. Aber wie so oft streiten sich die Gelehrten, ob die Ursprünge in China, Indien oder Indonesien zu suchen sind. Jedenfalls ist das Schattentheater in Asien die älteste Form der dramatischen Darstellung - und auf sehr hohem Niveau.

Erste schriftliche Aufzeichnungen stammen aus dem China der Sung-Dynastie um 1000 n.Chr. Die Schattenspiele sind wahrscheinlich viel früher entstanden, denn eine chinesische Legende aus dem Jahre 121 v. Chr. erzählt von einem Magier, der am Hofe des Kaisers Wu (140-87 v. Chr.) Schattentheater veranstaltete.

Die Lieblingsgemahlin des Herrschers war gestorben. Der Kaiser fiel in tiefe Betrübnis, die Untertanen konnten ihn nicht aufheitern. Eines Tages erschien Shao Wong und versprach, die Gestalt der toten Gattin wiedererstehen zu lassen. In der Dunkelheit spannte er einen Vorhang und hängte eine Lampe dahinter. Zwischen Lampe und Stoff hielt er eine Frauenfigur und projizierte auf die Leinwand einen Schatten; er glich dem Aussehen der Verstorbenen.
Chinesische Theateraufführungen – wie hier in Phet Buri – sieht man in Thailand noch recht häufig:

Bei allen Theorien ist unstrittig: Schattentheater ist religiöser Ahnendienst. Die chinesische Legende betont diesen Aspekt. Die Lederfiguren sind personifizierte Ahnen, die im Rang von Göttern stehen, oft sind sie bedeutsame Führer und Helden. Die Lebenden wünschen den Segen der Ahnen. Der Schattenspieler ist Botschafter, vermittelt sozusagen über die Figuren zwischen den Welten, beschwört Götter und Geister, wenigstens für die Spieldauer und möglichst darüber hinaus unter den Irdischen zu weilen.

Schattentheater ist Kult. Figuren, die auf dem Schattenschirm erscheinen, sollen helfen, vor Unbill zu schützen, böse Geister zu vertreiben, eine gute Ernte zu erlangen oder von Krankheiten zu heilen. Indonesische Schattenspieler sind durchweg Priester, sie opfern den Göttern, bevor sie mit dem Spiel beginnen. Und sie spielen bei vielen Gelegenheiten, z. B. wenn ein neuer Lebensabschnitt beginnt oder eine wichtige Entscheidung ansteht: Hochzeiten und Einäscherungen, Feierlichkeiten zur Geburt eines Kindes oder zur Tempeleinweihung.

Schattentheater ist religiöse Tradition. In vielen Ländern Asiens treten mythisch-religiöse Personen auf. Anhand der wechselvollen Geschichte der Helden aus den Hindu-Epen Ramayana und Mahabharata läßt sich z. B. eine gemeinsame Wurzel aus Indien über Kambodscha, Thailand und Malaysia bis nach Indonesien verfolgen. In unterschiedlichen Kulturen erzählen die Dramen vom ewigen Kampf zwischen Gut und Böse.

Schattentheater ist Unterhaltung. Im chinesischen Spiel werden neben
buddhistischen und taoistischen Legenden und Zauberdramen profane historische und aktuelle Themen aufgeführt. Die fast völlig verschwundenen türkischen Karagöz-Komödien sind z. B. reine Volksbelustigung.
Die thailändischen Lederfiguren ähneln sehr stark den indonesischen, wie z. B. dem nachstehenden Gott Rama aus dem Wayang Museum in Jakarta:

Herstellung der Figuren
Die traditionellen Schattenfiguren fertigt man aus den Fellen vom Büffel
oder Rind, in China auch vom Esel. Die Häute werden nach dem Abdecken
gewaschen und in der Sonne getrocknet, die Oberfläche wird bis zur
Transparenz geschabt, die Tierhaut in Kalklösung geschmeidig gemacht.
Wiederholtes Einweichen, Schaben und Trocknen stellt die erforderliche
Stärke her. Aus den präparierten Häuten werden die Figuren geschnitten,
meist nach besonderen Regeln bemalt und vor allem in Indonesien mit
Ornamenten versehen; mit kleinen, unterschiedlichen Meißeln wird das
Leder durchbrochen. Beim Bemalen wird die Transparenz der Figuren in
Indien, China und teilweise Thailand erhalten, in Malaysia und Indonesien aufgehoben.
Aber bei uns verblassen die Farben nach einigen Jahren doch arg, wenn man sie nicht pfleglich behandelt; der „Gunungan“, der Baum des Lebens, ist sozusagen verdorrt – da hilft auch keine Phototechnik:


Hier blüht er noch in voller Pracht:
http://images.google.de/imgres?imgu.../images?q=Schattenspielfiguren&hl=de&lr=&sa=G
Auch bei diesem Händler strahlen die Figuren noch intensiv; da er unseren Text ohne ausdrueckliche Genehmigung benutzt, revanchieren wir uns mit Bild-Anleihen:
http://www.kaufraum.de/basar/exit-list/item_cat.cat_id-15/von-1/bis-20/Indonesien.html
Wenn man Figuren ‚scannt’, kann man noch ein wenig Farbkraft herausholen:



Spieltechnik
Die Spielfiguren werden durchweg hinter einer weißen, beleuchteten
Leinwand geführt, das Publikum sitzt meist vor dem Schirm und sieht die
überwiegend durchbrochen gearbeiteten Figuren. In Thailand treten die Spieler bei den seltenen Aufführungen mit den alten Nang Yai-Figuren vor
die Leinwand, die von hinten erhellt wird. Sie versuchen, die Bewegungen
ihrer Figuren im Tanz nachzuahmen. Auf Bali und Java können sich die
Zuschauer aussuchen, von welcher Seite sie das Spiel verfolgen wollen.


Jede der bis zu zwei Meter hohen indischen, thailändischen und kambodschanischen Figuren wird von einem Spieler bedient, so daß ohne die Musiker bis zu zehn Personen ein Stück aufführen. In China und der Türkei begleiten mehrere Mitarbeiter einen Spielleiter, in Südthailand, Malaysia und Indonesien wird der Spieler höchstens von zwei Assistenten bedient, die die Figuren anreichen. Die Chinesen arbeiten mit vielfältigen Kulissen, die in Thailand und Indien nur in einem Schattenbild dargestellt werden. Die malaysische und indonesische Bühne regt die Phantasie der Zuschauer nicht zusätzlich an.
Schattentheater heute
In China und Malaysia besucht man häufig das Spiel der Schatten, während es in den anderen Ländern nur wenige Aufführungen gibt.
Und nun zwischendurch in lockerer Folge eigene indonesischen Wayang Kulit-Puppen, ‚gescannt’ und bearbeitet:



Lediglich auf Java und Bali ist das Schattentheater dank jahrhundertelanger Traditionpflege noch fest im täglichen Leben verankert. Die Massenmedien übernehmen die Helden der eigenen Überlieferung in Radio, Film und Fernsehen, sogar in Comic-Serien. Das indonesische Wayang Kulit - "Schatten aus Leder" - hat mit hinduistischen Inhalten den Islam überlebt und interpretiert auf seine Art die Verbundenheit mit dem Jenseits.


Literatur und Quellen:
Deutsche Bücher - ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Unter
http://members.aol.com/schattentheater/literature.htm
Grube, Wilhelm, Chinesische Schattenspiele, München, 1915.
Kaminski, Gerd, Unterrieder, Else, Der Zauber des bunten Schattens.
Chinesisches Schattenspiel einst und jetzt, Klagenfurt,1988.
Simon, Rainald, Das chinesische Schattentheater (Katalog der Sammlung
des Deutschen Ledermuseums Offenbach am Main), Melsungen, 1986.
Simon, Rainald (Hg.), Chinesische Schatten: Lampenschattentheater aus
Sichuan; die Sammlung Eger, Deutscher Kunstverlag, München, 1997.
Bücher zur Schattenspielpraxis finden Sie unter
http://www.schattentheater.de



Weitere Internethinweise:
http://members.aol.com/schattentheater/museums.htm
Relativ viele Völkerkunde- und Theatermuseen haben chinesische
Schattenspielfiguren in ihren Beständen, aber nur wenige verfügen über
eine ausstellungswürdige Sammlung. Im folgenden sind die wichtigsten
Museen in Deutschland aufgeführt:
Ledermuseum Offenbach: http://www.ledermuseum.de/inhalt_d/vo_3_d.html
Das Ledermuseum besitzt die vermutlich größte öffentliche Sammlung an
chinesischen Schattenspielfiguren außerhalb Chinas. Den Grundstock
bilden zwei sehr umfangreiche Sätze aus Peking, die in den dreißiger
Jahren erworben wurden. Später wurden weitere Sätze aus den Provinzen
Hubei und Gansu erworben. Ferner werden einige Figuren aus Chengdu
(Provinz Sichuan) ausgestellt.
Stadtmuseum München: http://www.stadtmuseum-online.de/
Das Stadtmuseum hat einen Satz großer Figuren aus Chengdu (Provinz Sichuan) in seinem Besitz
Filmmuseum Düsseldorf
http://www.duesseldorf.de/kultur/filmmuseum/index.html
1993 erwarb das Filmmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf eine Sammlung aus dem Privatbesitz von Dr. Max Bührmann und Hans-Joachim Kemper
Sonstige Texthinweise:
http://www.schattentheater.de/files/deutsch/info/finfo.html
Um Interesse zu wecken, zitieren wir kurz:
„Das europäische Schattentheater:
Auf dem Weg über die alten Handelsstraßen kam das Schattentheater um
1650 nach Europa. Doch der einseitig vom Intellekt geprägte Europäer
konnte mit dem unfassbaren Schatten und der Schattenfigur wenig
anfangen. Dem Europäer liegt die "begreifbare" , dreidimensionale Figur
der Marionette oder die Handpuppe näher. Die Schattenfigur entstammte
einem Kulturraum, in dem die hinter der Wirklichkeit liegende Welt, die
Meditation, Stille, Spiritualität eine wichtige Rolle spielte. Traum und
Wirklichkeit sind für den fernöstlichen Menschen bis heute keine
Gegensätze.
Nur einmal in der Neuzeit kam das europäische Schattenspiel zu wirklicher Blüte, und das geschah - wen wundert´s - in der Zeit der Romantik. Goethe, Brentano, Mörike, Uhland, Kerner u.a. schrieben Stücke für Schattentheater und veranstalteten selbst Schattenspiele. Damals gehörte das Spiel mit den Hand- und Körperschatten und das Schneiden von Silhouetten in jedem bürgerlichen Haus zum guten Ton. In Paris feierte das berühmte Schattentheater "Le Chat Noir" Triumphe.„
http://home.t-online.de/home/puppentheater/inhalt/gesch/geschi3.htm
Kurzes Zitat:
„In fast allen Ländern gibt es kasperähnliche Figuren. In Holland den Jan
Klaassen, in Dänemark den Mester Jackel, in Russland gibt es Petruschka,
in Rumänien den Vasilache usw. Sie alle kämpften erfolgreich gegen
Hexen, Tod und Teufel, gegen das Krokodil und die Obrigkeit.
Eine Besonderheit der Handpuppenspieler früherer Zeiten war in einigen
Ländern das Mitwirken lebender Tiere auf der Bühne. So wurden in
Frankreich die Katze, in Böhmen Meerschweinchen und in England der Hund Toby ins Spiel einbezogen. Zum Vergnügen der Zuschauer biß der Hund Toby auf Kommando seinem Gegenüber in die Nase.„
Abschließend ein herrlicher Artikel von Hans Rudolf Reust:
http://www.museenkoeln.de/ausstellungen/agfa_0212_nekes/reust.html

Gruss
Heinz