Aus dem
Obermain-Tageblatt vom 19.03.2002
Prinzessin Sirindhorn und ihr rotes Buch
Hoher Besuch aus Thailand in Vierzehnheiligen und Kloster Banz: Ihre Königliche Hoheit Maha Chakri Sirindhorn reist durch Bayern
IERZEHNHEILIGEN/KLOSTER BANZ
Eine bewusst schlicht gekleidete Frau, schwarzer Hosenanzug, große Umhängetasche, weiße Tennissöckchen, sitzt in der ersten Kirchenbank von Vierzehnheiligen und schreibt in ihr rotes Memo-Buch. Konzentriert füllt sie Seite um Seite. Einsam sitzt sie in der Bank, allein auch die ältere Dame mit kerzengeradem Rücken in der nächstfolgenden Bank, erst ab der dritten Reihe mehren sich die Besucher, die vierte Bankreihe dann gefüllt.
Derweil erklärt Pater Guardian Claus Scheifele vom Altar aus die "Fourteen saints", berichtet die "apparitions", lässt auch den Bauernkrieg nicht aus, beschreibt den Balthasar-Neumann-Bau und endet die Geschichte bei den Franziskanern - immer wieder wendet er sich an die einsame Frau in der ersten Reihe, "Royal Highness" adressiert er sie. Und sie schreibt.
Oder sollen wir den Sonntag in Vierzehnheiligen anders berichten: "Höchster Besuch in der Basilika Vierzehnheiligen (päpstliche Basilika minor). Durch das eigens geöffnete Hauptportal führte Pater Guardian Claus Scheifele Ihre Königliche Hoheit, Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn von Thailand, in den prächtigen Kirchenraum, dem Juwel Balthasar Neumanns am Obermain."
"Ihre Königliche Hoheit, dritte Tochter Ihrer Majestäten König Bhumipol Adulyadej und Königin Sirikit von Thailand, vom Herrscher mit dem Titel Somdetch Phra Debaratanarajasuda Chao Fa Maha Chakri Sirindhorn ausgezeichnet und damit zur Thronfolge befähigt, kam zusammen mit ihrer 19-köpfigen Begleitung, angeführt von Herrn Khunying Araya Pibulnaka-rintr und Professorin Ampha Otrkul. "
"Zur Begleitung gehörten ebenso die thailändische Botschaft Berlin mit Seiner Exzellenz, Botschafter Surapong Jayanama und Ihrer Exzellenz, Madame Nativipa Jayanama, an der Spitze, wie die thailändische Vertretung in München, Generalkonsulin Barbara Steinle und der Protokollchef der Bayerischen Staatskanzlei, Regierungsdirektor Helmut Eichler."
Ab und zu ein Polizeiwagen
Bleiben wir bei der einfachen Schreibweise. Absperrungen in Vierzehnheiligen, ab und zu patrouilliert ein Polizeiwagen. Warten. Ihre Königliche Hoheit absolviert einen Informations- und Arbeitsbesuch in Bayern. Morgens High Tech in Nürnberg, Empfang im Bamberger Rathaus, Fußweg durch die Bamberger Altstadt, Führung durch den Dom. Da kommt der Zeitplan des Protokolls ins Rutschen.
Mit einstündiger Verspätung trifft die Delegation in Vierzehnheiligen ein. Pater Guardian empfängt, Basilikaorganist Georg Hagel lässt mit einer Bach-Toccata die Macht der Orgel ertönen. Die Delegation nimmt Platz, streng nach Protokoll: In der ersten Reihe die Königliche Hoheit, dahinter Professorin Ampha Otrakul - sie spricht glänzend Deutsch, übersetzte auch Goethes Faust für Thailand. Anschließend nach protokollarischer Sitzordnung das Gefolge. Pater Guardian erläutert ausführlich in Englisch die Basilika, führt um den Altar, in die Kerzenkammer und auch in die Votivkammer.
Pater Claus, der einstige Afrikamissionar, erklärt auch die Beichtstühle und schließt den Sitz des Beichtigers auf: Interessiert lässt sich Prinzessin Sirindhorn, die Buddhas Worte in thailändische Verse goss, die Funktion von Beichte und Absolution erklären. Austausch von Gastgeschenken, Eintrag in das Gästebuch von Vierzehnheiligen und dann führt Pater Guardian noch durch die Klausur der Probstei mit ihren prunkvollen Sälen.
Aus der einstündigen Verzögerung wird mit dem dichtgedrängten Programm eine zweistündige Verspätung, mit der Fahrt nach Banz und der notwendigen Ruhepause gar eine dreistündige: Kaffee und Tee, für 16 Uhr als Erfrischung vorgesehen, werden erst nach 19 Uhr gereicht.
Empfang im Kaisersaal
Banz. Die letzte Station einer anstrengenden Tagesreise. Vor dem Portal empfangen Jürgen und Elke Warnke zusammen mit dem Leiter der Hanns-Seidel-Bildungshäuser, Michael Möslein, die thailändische Delegation um Prinzessin Sirindhorn.
Festlicher Empfang im Kaisersaal, protokollgerecht die Sitzordnung an den Kaffeetischen. Jürgen Warnke, ehemals CSU-Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, kennt Thailand gut und hat Bundespräsident Karl Carstens auf seinem Staatsbesuch bei König Bhumipol in Thailand begeleitet.
Warnke spricht die traditionell guten Beziehungen zwischen dem Land der Thai und Deutschland an und wünscht eine Vertiefung. Er erklärt die Hanns-Seidel-Stiftung und erläutert die Rolle der deutschen politischen Stiftungen, die mit staatlichen Geldern wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit fördern.
Elke Warnke erinnert sich an die herzliche Aufnahme im königlichen Palast während des Staatsbesuches. Damals betreute Prinzessin Sirindhorn die deutschen Damen, die - eine besondere Ehre - sogar den weißen Elefanten füttern durften. Als Dankgeschenk wird ein Porzellanelefant überreicht.
Intensiv und vielseitig
Michael Möslein stellt pointiert und in rücksichtsvoller Kürze die Geschichte von Banz dar, als Kloster, herzogliche Residenz und Bildungsstätte der Hanns-Seidel-Stiftung. Für die thailändische Delegation spricht Generalkonsulin Barbara Steinle; sie dankt der bayerischen Staatskanzlei für die vielfältigen Stationen der Reise mit Einblicken in Wirtschaft und Kultur. Und sie hat, elegant Jürgen Warnke aufnehmend, auch einen Wunsch: Könnte nicht die Hanns-Seidel-Stiftung sich für eine verstärkte Aufnahme von thailändischen Praktikanten in der deutschen Wirtschaft einsetzen? Jetzt notiert Jürgen Warnke.
Prinzessin Sirindhorn sammelt in ihrem roten Memo-Buch die Informationen und Eindrücke. Eine hochgebildete Frau, die Pali, Sanskrit, Kambodschanisch und Englisch spricht, französisch dichtet, Chinesisch, Deutsch und Latein lernt, Kinderbücher und wissenschaftliche Arbeiten schreibt. In vielen Universitätsbereichen gebildet, mit Master of Art und Doktordiplom, als Universitätslehrerin und in Projekten der inneren Entwicklung des Landes beschäftigt, übernimmt die 46jährige auch im staatlichen Bereich Aufgaben.
"Sie ist erstaunlich intensiv in ihrer vielseitigen Arbeit", erinnert sich Elke Warnke. Deutschland kennt sie, wie viele Länder aller Erdteile, aus häufigen Besuchen, zuletzt während der Weltausstellung vor zwei Jahren.
Bayern ins Herz geschlossen
Der Informations- und Arbeitsbesuch in Bayern? "Königin Sirikit hat Bayern ins Herz geschlossen", weiß der Chef der Protokollabteilung der bayerischen Staatskanzlei. Und High Tech und kulturelle Glanzlichter liegen im Freistaat nahe beieinander.
Bescheiden, unprätentiös, füllt Prinzessin Sirindhorn ihr Memo-Buch - in Vierzehnheiligen und Banz ebenso wie zuvor in vielen Ländern der Erde. Der Inhalt des roten Büchleins fließt schon jetzt ein in die Politik des Staates Thailand, vielleicht später noch intensiver, denn Prinzessin Sirindhorn steht im engsten Zirkel möglicher Thronfolger.
Schließlich, um 20 Uhr das festliche Abendessen als letzter offizieller Tagesordnungspunkt. Und nach der Ruhe in der Banzischen Franz-Josef-Suite geht das Informations- und Besuchsprogramm am Montag weiter, Coburg und Rödental warten.-ost-