
Jinjok
Senior Member
Themenstarter
Aus der Frankfurter Rundschau vom 03.05.2002
Die Krokodil-Ringer
Auf der größten Reptilienfarm der Welt geht es den Tieren nicht nur
ans Leder. Bevor ihre Haut und ihr Fleisch verkauft werden, bieten die
Krokodile in Samut Prakan, Thailand, täglich zu Rock-Hymnen ein
schauriges Schauspiel für Touristen.
Von Bernd Hauser
Der weltweite Hilferuf ging am 27. Juni 2001 über den Reuters-Ticker. Siamesische Zwillinge
geboren! Wer kann helfen? Die Ärzte machten Röntgenaufnahmen und fanden, dass die Babys
zwar zwei Herzen und zwei Lungen hatten, aber nur einen Verdauungsapparat. Das Volk taufte
die Kleinen Chang und Eng, nach den ersten siamesischen Zwillingen, die 190 Jahre früher
geboren wurden und durch die staunende Welt getourt waren, dann Schwestern geheiratet und
viele Kinder gezeugt hatten. Aber das ist eine andere Geschichte.
Chang und Eng aus dem Jahre 2001 sind zwar auch am Hinterteil zusammengewachsen, aber sie
sind Krokodile. Genauer: Hybrid Crocodylus porosus siamensis Youngprapakorn, eine Kreuzung
aus thailändischem Süßwasser- und Salzwasser-Krokodil, wie sie nicht die Natur, sondern
Uthai Youngprapakorn produziert. Auch bekannt als "der Krokodilkönig Thailands", Herr über
100 000 Panzerechsen. Allein 60 000 davon leben in Samut Prakan bei Bangkok, der größten
Krokodilfarm der Welt.
Der Krokodilkönig, 76 Jahre alt, bewirtet jedes Jahr zu seinem Geburtstag 5000 Bedürftige, damit
man seinen Namen preise. Alle sollen sehen, wie weit er es gebracht hat. Denn nicht immer saß
der König auf einem mit Elefanten-Stoßzähnen geschmückten Sofa. Einst war er auch so ein
Hungerleider wie die, die heute seine Reisportionen abholen.
Des Königs Tellerwäscher-Karriere ging so: Uthai war 20, ohne Ausbildung, aber als ältester
Sohn verantwortlich für die Familie. Er brachte sie mit kleinen Jobs durch, bis er eines Tages in
einem Schaufenster eine Krokoledertasche sah. 20 Dollar kostete sie, das war Ende der 40er Jahre
in Thailand viel Geld. Darauf zog er mit zwei Krokodiljägern in den Dschungel. Es gab Blutegel
und Myriaden von Mücken, aber Krokodile fanden sie nicht. So kam Uthai auf die Idee seines
Lebens: "Wenn die Tiere so selten sind, muss man sie züchten."
Vor ihm hatte das noch niemand probiert, sagt er. Zunächst verlor Uthai die wenigen Tiere
schneller als die Jäger sie für ihn fingen. Hielt man sie zu eng, wurden sie zu Kannibalen.
Manche von Uthais Krokodilen erblindeten, weil sie juckende Insektenstiche an den Augen mit
ihren Klauen bearbeiteten. Einige starben nach Gewittern am Schock, den das Donnergrollen
auslöste, oder gingen ein, weil Uthai ihnen zu viel Futter gab: "Es liegt in ihrer Natur, dass sie
so viel fressen wie möglich. In der Wildnis kann es Wochen dauern, bis sie wieder etwas
erwischen." Die Krokodile verfetteten, manche schieden an Nieren- und Leberversagen dahin.
Aber mit der Zeit lernte Uthai Youngprapakorn dazu. Im Jahr 1965 sperrte er Süß- und
Salzwasser-Krokodile ins selbe Becken. Seine Hoffnung erfüllte sich, sie paarten sich. Ein Laie
kann die Hybrid-Krokos nicht von den natürlich vorkommenden unterscheiden - Uthai sagt,
dass sie weniger aggressiv sind als die reinen Salzwasser-Krokodile. Und vor allem: Sie
wachsen schneller.
Inzwischen schlachten des Königs Untergebene rund 10 000 Tiere pro Jahr. Das macht etwa zwei
Millionen Dollar Umsatz allein mit den Häuten. Hinzu kommt der Erlös aus Fleisch und
Eingeweiden, die für gutes Geld nach China gehen. Die Hälfte der Einkünfte auf Samut Prakan
aber stammen aus dem Tourismus. An besonders guten Tagen kommen bis zu 25 000 Gäste, sie
gucken Elefanten beim Tanzen zu, ballern mit großkalibrigen Pistolen auf Pappkameraden und
gruseln sich in der Crocodile-Show, in der Artisten zu der Rock-Fanfare "The Final
Countdown" in die Arena springen und ihren Kopf in den Rachen von Krokodilen stecken.
Das einzige Mädchen unter den Krokodil-Bändigern ist Nang, 18 Jahre alt. Sie hat einen Körper
wie Lara Croft, die Jungs verdrehen die Köpfe, wenn Nang auf dem Moped an ihnen vorbeifliegt.
Neulich wollte wieder einer etwas von ihr. Sie mochte ihn. Aber als er sie in der Show sah, sagte
er danach: "Nang, ich weiß nicht. Ich bin vielleicht doch nicht offen für eine Beziehung zur Zeit.
Lass uns einfach so Freunde bleiben?" Nang erzählt und lacht dabei. Zwar halten die Jungs
ihren Mut nicht aus, aber abgesehen davon findet sie, dass sie "bisher unheimlich viel Glück im
Leben" hatte. Schließlich hat ein 16-jähriges Mädchen nicht besonders viele Chancen, dessen
Eltern in Saraburi in der thailändischen Provinz auf ihrem Moped-Beiwagen klebrige Kuchen
anbieten. Doch Napaporn Kanwsanga, genannt Nang, wollte unbedingt "anders sein und etwas
Außergewöhnliches machen". Sie bestieg den Bus nach Bangkok. Viele junge Leute aus Nangs
kleiner Stadt wollen dort hin und kommen dann auf Besuch zurück, in neuen Levis-Jeans und
Nike-Schuhen und mit einer Omega-Uhr am Handgelenk. Alles gefälscht, aber die Sachen
sehen dennoch gut aus.
Ihre Eltern ließen Nang gehen, weil sie ihnen sagte, dass sie auf der Krokodilfarm an die
Touristen Cola verkaufen werde. Das tat sie auch, aber heimlich trainierte sie mit den
Krokodil-Bändigern und bezwang ihre Furcht vor den Kiefern, die so schnell zuschnappen
können wie eine Mausefalle. Schließlich war sie so weit, dass sie den Krokodilkönig um eine
Audienz bitten konnte. Als der Alte sah, wie gut das Mädchen aus der Provinz war, stimmte er
ihrem Ansinnen zu. So wurde Nang die erste Krokodil-Ringerin Thailands.
Seit zwei Jahren steht sie jeden Tag in der Arena und legt Geldscheine, die ihr chinesische
Touristen zuwerfen, in die Rachen der Echsen, um sie gleich darauf wieder herauszufischen.
Nang genießt die Schreckensschreie, wenn die Krokodile ihre Mäuler mit einem satten Plopp
zuschnappen lassen - nur Sekunden-Bruchteile, nachdem sie ihre Hand aus dem Rachen zieht.
Ein Trick. Berührt man nämlich beim Herausziehen den Unterkiefer, wird der Schnappreflex
ausgelöst.
Überall lauern Gefahren im Krokodil-Geschäft. Uthen Youngprapakorn, 35, kann davon lang
erzählen. Der jüngste der sechs Söhne des Krokodilkönigs ist so etwas wie der Kronprinz.
"Executive Director" steht in Goldschrift auf seiner Visitenkarte, an seinem Krokoleder-Gürtel
hängen vier Mobiltelefone. Gewöhnlich brettert er mit einem Porsche auf der Suche nach
Krokodilhäuten durchs Land. Neben dem Massenbetrieb der Familie Youngprapakorn gibt es in
Thailand inzwischen etwa 200 Krokodilfarmen, dazu ungezählte Hühnerfarmen, die nebenbei
auch ein paar Krokodile halten. Legt eine Henne keine Eier mehr, machen die Hühnerzüchter
kurzen Prozess: ab ins Krokodilbecken. Kein Abfall, kein Ärger.
Manche US-amerikanische und europäische Touristen auf Pauschalreise beschweren sich, dass
man die armen Tiere ihrer Haut und ihres Fleisches willen tötet. Uthen fürchtet, die
Reiseveranstalter könnten ihre Besuche auf der Farm stornieren. Was bedrohlich ist, denn
schließlich verdienen die Youngprapakorns gut an den Touristen, die auf Stegen zwischen den
Becken wandeln. Außerdem wollen die Japaner für die Häute nicht mehr so viel bezahlen, seit
ihre Wirtschaft nicht mehr rund läuft, sagt Uthen. Und dann machen ihm auch noch die
Konkurrenten Sorgen, die das große Geschäft wittern und erst vor wenigen Jahren oder Monaten
ins Crocodile-Business eingestiegen sind. In der Bangkok Post loderten auf Farbfotos die
Rinder-Scheiterhaufen Englands, Berichte von Viehtötungen in Deutschland machten die Runde.
Kommentatoren mahnten, dass Thailand diese Chance nicht verstreichen lassen dürfe. Europa
solle Krokodilfleisch essen, jetzt müssten Vertriebswege eröffnet, muss der Appetit auf Reptil
geweckt werden.
Alles Unsinn, sagt Uthen, die neue Konkurrenz habe keine Chance. Wer Profit aus
Krokodilfarmen ziehen wolle, brauche einen langen Atem: "Es dauert zwei Jahre, bis sich die
Krokodile an einem neuen Ort so wohl fühlen, dass sie Eier legen. Dann dauert es noch einmal
mindestens drei Jahre, bis die Jungen schlachtreif sind." Die neuen Konkurrenten machen die
Preise kaputt, verkaufen zum Selbstkostenpreis, um die Zinsen ihrer Darlehen zu bezahlen. Das
Leben gleicht einem Haifischbecken, stöhnt Uthen. Man könnte auch sagen: einem
Krokodil-Bassin.
Vor jeder Show bittet Krokodil-Bändigerin Nang die guten Geister um Beistand, meistens helfen
sie, aber nicht immer. Als Nang einmal ein Krokodil wie gewöhnlich am Schwanz aus dem
Bassin zog, drehte es sich mit unglaublichem Geschick um und schnappte nach ihrer Hand, die
seitdem von einer Narbe gezeichnet ist. An ihrem Oberarm hat Nang ebenfalls violette Narben
einer schlecht verheilten Wunde. Sie stammte von einem der 40 Kilogramm schweren Tiere, die
sie und ihre Kollegen am Ende der Show aus dem Bassin tragen. An jenem Tag erwischte Nang
ein übellauniges Tier. "Mit neun Stichen genäht", sagt Nang.
Die Echsen werden vor den Shows immer gut gefüttert. Wenn ein Krokodil hungrig ist, läuft ein
Reflex ab, der kaum zu stoppen ist: Zubeißen, die Beute bis zur Bewusstlosigkeit
herumschleudern, ins Wasser zerren und ertränken. "Es gibt Krokodile, die beißen schneller
als andere. Das Wichtigste ist: Du darfst nie zögern, du musst ihnen immer das Gefühl geben,
dass du stärker bist. Also nicht zaghaft sein, sondern richtig zupacken", sagt Nang.
Trotz der Gefahr, aufhören wolle sie nicht. Jede Woche könnte sie sich einen Kühlschrank und
einen Fernseher kaufen, sagt sie. Um ihren Hals hängt eine Kette mit einem Buddha-Anhänger
aus Gold. Er hat 6000 Baht gekostet, dafür arbeitet ein Bauarbeiter zwei Monate lang. "Der
Anhänger sorgt dafür, dass die Zuschauer mehr Geld herunterwerfen", sagt Nang. Wie einer
Pop-Sängerin jubelt ihr das Publikum zu, und ein paar Mal kam sie sogar schon im Fernsehen,
und ihre Familie und die Freunde saßen zu Hause vor der flackernden Kiste. Seither sagen ihre
Eltern am Telefon nicht mehr, dass sie wieder Cola verkaufen solle, lediglich: "Sei vorsichtig."
Nang verspricht's und auch, dass sie kein Krokodil-Fleisch essen wird. "Sonst sehen uns die
Tiere als Feinde und beißen zu."
Die Zuschauer jedoch gehen gerne hinüber ins Restaurant und essen Suppe. Der Löffel fischt vom
Grund der Schale einen blaugrauen Krokodilfinger, der eine Konsistenz wie ein Gummibärchen
hat. Das also soll Europa in Zukunft essen? Uthen holt seinen Taschenrechner, tippt wild drauf
herum und zeigt die Anzeige: 27. "Das ist der tägliche Fleischzuwachs in Kilogramm in unserer
Farm. Krokodile nehmen unglaublich langsam zu. Wie sollen wir mit 27 Kilogramm am Tag
Europa bedienen?" Nein, das Entscheidende an diesem Business sind die Häute, das Fleisch ist
nur Nebenprodukt. "Krokodilfleisch ist weiß. Das ist nicht, was ihr Europäer wollt", sagt er. "Ihr
wollt rotes Fleisch. Strauße sind die Zukunft. Ich fange mit 5000 Stück an. Ein Krokodil kann 30
Eier im Jahr bekommen, die Vögel 90. Ein Krokodil muss ich fünf Jahre füttern, einen Strauß
nur zwei."
Auch die Zucht-Bassins dienen in Samut Prakan als Touristen-Attraktion. Vier Meter lange
Reptilien warten hier in der grünen Flut, Kopf an Kopf, fauchen, schnauben. Chinesische
Touristen schauen fasziniert zu. In ihrer Heimat verehrt man die Tiere als Nachfahren der
Drachen. Da ist ein Tribut fällig. Die Zuschauer geben einer Verkäuferin 20 Baht, umgerechnet
eine Mark, und bekommen dafür einen Eimer voller Schlachtabfälle: ein halbes Dutzend
Hühner-Torsos aus Mastbetrieben, die jede Woche lastwagenweise zur Krokodilfarm kommen.
Von den Stegen werfen die Touristen die Hühnerreste zwischen die riesigen Leiber der Reptilien.
Ihre Schwänze peitschen das Wasser, in einem Gebrodel aus Pfoten, Gischt und gepanzerten
Rücken sieht man Zähne und helle Rachen, binnen Sekunden sind die Hühner-Skelette
verschwunden.
"Das hier ist das Becken mit den erwachsenen Tieren, die sich fortpflanzen sollen", erklärt
Uthen. Die Weibchen legen im Juni 30 faustgroße Eier in die Nester, die sie mit ihren Pfoten 20
Zentimeter tief ausheben und mit Stroh bedecken. Apon Tinta, 37, die Krokodil-Hebamme, hat die
Nester gleich nach der Ei-Ablage geplündert und die Eier in Brutregale gelegt, sie klackern
dabei wie Tischtennisbälle. Nach 80 Tagen fiepen und rasseln die Baby-Krokodile unter der
vibrierenden Schale. Zehntausende von Reptilien hat Apon in dem beheizten Brutraum auf die
Welt gebracht, in dem es noch ein paar Grad heißer ist als unter freiem Himmel. Die genaue
Temperatur ist ein Geheimnis, nur so viel: "Wenn sie etwas höher ist, entstehen mehr
Männchen."
Sobald Apon eine Kerbe in die Schale gedrückt hat, zeigen die Baby-Krokos ihre Schnauzen und
brechen nur Sekunden später mit dem ganzen 25 Zentimeter langen Körper heraus, hüpfen über
Apons Hand, gleiten behende in die bereitgestellte Wanne, paddeln und warten auf die erste
Mahlzeit aus Hühnerknochenhack. Ein drei- bis sechsjähriges Leben aus Dösen und Fressen
steht ihnen bevor. Wenn sie 35 bis 40 Kilogramm schwer und an die zwei Meter lang sind, ist
ihre glatte, wie Elfenbein schimmernde Bauchhaut groß genug, um Handtaschen daraus zu
schneiden. Männer schleudern dann Lassos um ihre Kiefer und töten sie mit einem Messerstich
in den Nacken. Nur Chao Yai - zu deutsch: "Onkel Riesig" - wird verschont, mit 1114
Kilogramm laut Guinness-Buch das größte lebende Krokodil der Welt. Zu seinem 28. Geburtstag
bekam er einen Blumenkranz von einer bekannten Sängerin um den verknöcherten Nacken,
außerdem zwei Haie statt Torte, und einen Artikel in der Bangkok Post.
Heute sind zwei Händler aus Tokio angereist. 200 Häute liegen eingesalzen übereinander.
Masayoshi Hayashi, 49, und Tomoyasu Inoue, 33, begutachten jede einzelne auf Schäden und
sortieren sie nach Qualität. Helfer knallen ihnen die Häute in 20-Sekunden-Abständen einzeln
auf einen Tisch, sie wischen mit einer Kleiderbürste das Salz weg, ihre Augen scannen fiebrig
über die Reihen der Fingernagel großen Plättchen, aus denen die Bauchhaut zusammengesetzt
ist, auf der Suche nach Bissverletzungen. So geht das stundenlang.
Längst sind die Helfer und die Japaner schweißnass. Zahlen werden hin- und hergerufen,
welche die Breite der Bauchhaut bezeichnen, denn danach wird der Preis berechnet: Der
Zentimeter kostet zwischen drei und fünf Dollar, eine schöne Haut kann 250 Dollar bringen. Die
Händler sind nicht besonders zufrieden, zu viele Häute zeigen Verletzungen. Uthen macht einen
guten Preis, man kennt sich schließlich seit Jahrzehnten. "Außerdem werden Asiaten
ungemütlich, wenn sie glauben, übers Ohr gehauen zu werden", raunt Uthen.
Uthen ist es zu gefährlich, seinen Vater lediglich als Krokodil-König zu beerben. Er ist auf der
Hut. Vielleicht wird die neue Konkurrenz ja doch immer stärker, da heißt es ausweichen, klug
sein, wenn man überleben will. Was ohne diese Einsicht passiert, kann Uthen in den
Krokodilbecken beobachten. Manchmal schlagen zwei Rivalen im Kampf um ein Weibchen ihre
Kiefer ineinander und gehen unter. Statt irgendwann den Biss zu lockern und wieder
aufzutauchen, ersaufen sie gemeinsam. Es ist nicht gut, zu verbissen zu sein.
Service Samut Prakan
Anreise: Die Stadt Samut Prakan liegt an der Mündung des Chao Praya, 28 Kilometer südöstlich
des Stadtzentrums von Bangkok. Mit öffentlichen Bussen ist die Farm nur schlecht zu erreichen.
Mit dem Mietwagen nehmen Sie den Expressway nach Bang Na und fahren dann auf der alten
Sukhumvit Road Richtung Samrong. In Samut Prakan biegt man von der Sukhumvit Road ab
und folgt der Beschilderung. Am besten aber ist, man nimmt von der Innenstadt aus eines der
Taxis, die recht günstig sind. Die Adresse der Farm ist: 555 Moo 7, Taiban Road; Internet
www.crocodilefarm.com Öffnungszeiten: Jeden Tag von sieben Uhr morgens bis sechs Uhr
abends. Unter der Woche besuchen nur wenige, meist ausländische Touristen die Farm. Am
Wochenende ist es sehr voll mit Bangkoker Familien auf Sonntagsausflug.
Unterkunft: In Samut Prakan gibt es keine empfehlenswerten Unterkünfte. Am besten ist, man
wohnt in der Innenstadt und macht einen Tagesausflug auf die Farm. Sparsame
Rucksackreisende wohnen am besten in einem von Dutzenden Gästehäusern in der Khao San
Road.
Extratip: Unweit der Krokodilfarm, wenige Kilometer weiter südlich an der Sukhumvit Road
liegt das Freiluftmuseum "Ancient City". Hier finden sich Reproduktionen von Palästen,
Tempeln und traditonellen Häusern aus ganz Thailand.
Gesundheit: Für die Einreise nach Thailand sind zurzeit keine Pflichtimpfungen erforderlich.
Das Fremdenverkehrsamt des Landes empfiehlt aber eine Impfung gegen Hepatitis A sowie die
Erneuerung von Tetanus-Impfungen. Wegen zuweilen lästiger und auch bedenklicher
Nebenwirkungen sehen immer mehr Ärzte und auch Tropeninstitute davon ab, eine
Malaria-Prophylaxe zu empfehlen. Der beste Schutz gegen Malaria und zum Teil auch
Dengue-Fieber - besteht nach Sonnenuntergang in der Prävention durch mückenabweisende
Mittel, Räucherspiralen, Körper bedeckende Kleidung und Moskitonetze. Landesweit besteht
derzeit erhöhtes Risiko für Durchfallerkrankungen. Vor dem Verzehr und Kauf von
Lebensmitteln aus billigen Straßenständen und von Märkten wird gewarnt. Sorgfältige
Nahrungsmittel- als auch Trinkwasser-Hygienemaßnahmen sollten stets durchgeführt werden,
rät das Tropeninstitut München.
Geld: Die Landeswährung ist der Baht (ein Baht = 100 Satang). Der Wechselkurs (Stand März
2002) 1 Euro = 37 Baht. Devisen und Reiseschecks können in unbegrenzter Höhe eingeführt
werden. Geldwechseln ist außer in Hotels und bei den Banken auch bei lizenzierten
Geldwechslern möglich, die darüber hinaus oft sogar einen besseren Kurs berechnen.
Euroschecks werden nur von der Thai Farmers Bank eingelöst. Mit Visa- und Mastercard
können Sie im ganzen Land problemlos bezahlen und Bargeld abheben.
Literatur: Thailand, Stefan Loose-Verlag Berlin; Kulturschock Thailand, von Rainer Krack,
Reise Know-How Verlag; Bangkok und Umgebung, Cityguide von Rainer Krack, Reise
Know-How Verlag.
Auskunft: In Deutschland: Thailändisches Fremdenverkehrsamt, Bethmannstr. 58, 60311
Frankfurt a.M., Tel. 069/1381390, Fax 069/13813950, E-Mail tatfra@t-online.de; Internet
www.thailandtourismus.de
In Thailand: Tourism Authority of Thailand, Le Concorde Building 202, Ratchadaphisek Road,
Huai Khwang, Bangkok 10310, Thailand, Tel. 0662/6941222, Fax 0662/69412201, E-Mail
center@tat.or.th, Internet www.tourismthailand.org
Die Krokodil-Ringer
Auf der größten Reptilienfarm der Welt geht es den Tieren nicht nur
ans Leder. Bevor ihre Haut und ihr Fleisch verkauft werden, bieten die
Krokodile in Samut Prakan, Thailand, täglich zu Rock-Hymnen ein
schauriges Schauspiel für Touristen.
Von Bernd Hauser
Der weltweite Hilferuf ging am 27. Juni 2001 über den Reuters-Ticker. Siamesische Zwillinge
geboren! Wer kann helfen? Die Ärzte machten Röntgenaufnahmen und fanden, dass die Babys
zwar zwei Herzen und zwei Lungen hatten, aber nur einen Verdauungsapparat. Das Volk taufte
die Kleinen Chang und Eng, nach den ersten siamesischen Zwillingen, die 190 Jahre früher
geboren wurden und durch die staunende Welt getourt waren, dann Schwestern geheiratet und
viele Kinder gezeugt hatten. Aber das ist eine andere Geschichte.
Chang und Eng aus dem Jahre 2001 sind zwar auch am Hinterteil zusammengewachsen, aber sie
sind Krokodile. Genauer: Hybrid Crocodylus porosus siamensis Youngprapakorn, eine Kreuzung
aus thailändischem Süßwasser- und Salzwasser-Krokodil, wie sie nicht die Natur, sondern
Uthai Youngprapakorn produziert. Auch bekannt als "der Krokodilkönig Thailands", Herr über
100 000 Panzerechsen. Allein 60 000 davon leben in Samut Prakan bei Bangkok, der größten
Krokodilfarm der Welt.
Der Krokodilkönig, 76 Jahre alt, bewirtet jedes Jahr zu seinem Geburtstag 5000 Bedürftige, damit
man seinen Namen preise. Alle sollen sehen, wie weit er es gebracht hat. Denn nicht immer saß
der König auf einem mit Elefanten-Stoßzähnen geschmückten Sofa. Einst war er auch so ein
Hungerleider wie die, die heute seine Reisportionen abholen.
Des Königs Tellerwäscher-Karriere ging so: Uthai war 20, ohne Ausbildung, aber als ältester
Sohn verantwortlich für die Familie. Er brachte sie mit kleinen Jobs durch, bis er eines Tages in
einem Schaufenster eine Krokoledertasche sah. 20 Dollar kostete sie, das war Ende der 40er Jahre
in Thailand viel Geld. Darauf zog er mit zwei Krokodiljägern in den Dschungel. Es gab Blutegel
und Myriaden von Mücken, aber Krokodile fanden sie nicht. So kam Uthai auf die Idee seines
Lebens: "Wenn die Tiere so selten sind, muss man sie züchten."
Vor ihm hatte das noch niemand probiert, sagt er. Zunächst verlor Uthai die wenigen Tiere
schneller als die Jäger sie für ihn fingen. Hielt man sie zu eng, wurden sie zu Kannibalen.
Manche von Uthais Krokodilen erblindeten, weil sie juckende Insektenstiche an den Augen mit
ihren Klauen bearbeiteten. Einige starben nach Gewittern am Schock, den das Donnergrollen
auslöste, oder gingen ein, weil Uthai ihnen zu viel Futter gab: "Es liegt in ihrer Natur, dass sie
so viel fressen wie möglich. In der Wildnis kann es Wochen dauern, bis sie wieder etwas
erwischen." Die Krokodile verfetteten, manche schieden an Nieren- und Leberversagen dahin.
Aber mit der Zeit lernte Uthai Youngprapakorn dazu. Im Jahr 1965 sperrte er Süß- und
Salzwasser-Krokodile ins selbe Becken. Seine Hoffnung erfüllte sich, sie paarten sich. Ein Laie
kann die Hybrid-Krokos nicht von den natürlich vorkommenden unterscheiden - Uthai sagt,
dass sie weniger aggressiv sind als die reinen Salzwasser-Krokodile. Und vor allem: Sie
wachsen schneller.
Inzwischen schlachten des Königs Untergebene rund 10 000 Tiere pro Jahr. Das macht etwa zwei
Millionen Dollar Umsatz allein mit den Häuten. Hinzu kommt der Erlös aus Fleisch und
Eingeweiden, die für gutes Geld nach China gehen. Die Hälfte der Einkünfte auf Samut Prakan
aber stammen aus dem Tourismus. An besonders guten Tagen kommen bis zu 25 000 Gäste, sie
gucken Elefanten beim Tanzen zu, ballern mit großkalibrigen Pistolen auf Pappkameraden und
gruseln sich in der Crocodile-Show, in der Artisten zu der Rock-Fanfare "The Final
Countdown" in die Arena springen und ihren Kopf in den Rachen von Krokodilen stecken.
Das einzige Mädchen unter den Krokodil-Bändigern ist Nang, 18 Jahre alt. Sie hat einen Körper
wie Lara Croft, die Jungs verdrehen die Köpfe, wenn Nang auf dem Moped an ihnen vorbeifliegt.
Neulich wollte wieder einer etwas von ihr. Sie mochte ihn. Aber als er sie in der Show sah, sagte
er danach: "Nang, ich weiß nicht. Ich bin vielleicht doch nicht offen für eine Beziehung zur Zeit.
Lass uns einfach so Freunde bleiben?" Nang erzählt und lacht dabei. Zwar halten die Jungs
ihren Mut nicht aus, aber abgesehen davon findet sie, dass sie "bisher unheimlich viel Glück im
Leben" hatte. Schließlich hat ein 16-jähriges Mädchen nicht besonders viele Chancen, dessen
Eltern in Saraburi in der thailändischen Provinz auf ihrem Moped-Beiwagen klebrige Kuchen
anbieten. Doch Napaporn Kanwsanga, genannt Nang, wollte unbedingt "anders sein und etwas
Außergewöhnliches machen". Sie bestieg den Bus nach Bangkok. Viele junge Leute aus Nangs
kleiner Stadt wollen dort hin und kommen dann auf Besuch zurück, in neuen Levis-Jeans und
Nike-Schuhen und mit einer Omega-Uhr am Handgelenk. Alles gefälscht, aber die Sachen
sehen dennoch gut aus.
Ihre Eltern ließen Nang gehen, weil sie ihnen sagte, dass sie auf der Krokodilfarm an die
Touristen Cola verkaufen werde. Das tat sie auch, aber heimlich trainierte sie mit den
Krokodil-Bändigern und bezwang ihre Furcht vor den Kiefern, die so schnell zuschnappen
können wie eine Mausefalle. Schließlich war sie so weit, dass sie den Krokodilkönig um eine
Audienz bitten konnte. Als der Alte sah, wie gut das Mädchen aus der Provinz war, stimmte er
ihrem Ansinnen zu. So wurde Nang die erste Krokodil-Ringerin Thailands.
Seit zwei Jahren steht sie jeden Tag in der Arena und legt Geldscheine, die ihr chinesische
Touristen zuwerfen, in die Rachen der Echsen, um sie gleich darauf wieder herauszufischen.
Nang genießt die Schreckensschreie, wenn die Krokodile ihre Mäuler mit einem satten Plopp
zuschnappen lassen - nur Sekunden-Bruchteile, nachdem sie ihre Hand aus dem Rachen zieht.
Ein Trick. Berührt man nämlich beim Herausziehen den Unterkiefer, wird der Schnappreflex
ausgelöst.
Überall lauern Gefahren im Krokodil-Geschäft. Uthen Youngprapakorn, 35, kann davon lang
erzählen. Der jüngste der sechs Söhne des Krokodilkönigs ist so etwas wie der Kronprinz.
"Executive Director" steht in Goldschrift auf seiner Visitenkarte, an seinem Krokoleder-Gürtel
hängen vier Mobiltelefone. Gewöhnlich brettert er mit einem Porsche auf der Suche nach
Krokodilhäuten durchs Land. Neben dem Massenbetrieb der Familie Youngprapakorn gibt es in
Thailand inzwischen etwa 200 Krokodilfarmen, dazu ungezählte Hühnerfarmen, die nebenbei
auch ein paar Krokodile halten. Legt eine Henne keine Eier mehr, machen die Hühnerzüchter
kurzen Prozess: ab ins Krokodilbecken. Kein Abfall, kein Ärger.
Manche US-amerikanische und europäische Touristen auf Pauschalreise beschweren sich, dass
man die armen Tiere ihrer Haut und ihres Fleisches willen tötet. Uthen fürchtet, die
Reiseveranstalter könnten ihre Besuche auf der Farm stornieren. Was bedrohlich ist, denn
schließlich verdienen die Youngprapakorns gut an den Touristen, die auf Stegen zwischen den
Becken wandeln. Außerdem wollen die Japaner für die Häute nicht mehr so viel bezahlen, seit
ihre Wirtschaft nicht mehr rund läuft, sagt Uthen. Und dann machen ihm auch noch die
Konkurrenten Sorgen, die das große Geschäft wittern und erst vor wenigen Jahren oder Monaten
ins Crocodile-Business eingestiegen sind. In der Bangkok Post loderten auf Farbfotos die
Rinder-Scheiterhaufen Englands, Berichte von Viehtötungen in Deutschland machten die Runde.
Kommentatoren mahnten, dass Thailand diese Chance nicht verstreichen lassen dürfe. Europa
solle Krokodilfleisch essen, jetzt müssten Vertriebswege eröffnet, muss der Appetit auf Reptil
geweckt werden.
Alles Unsinn, sagt Uthen, die neue Konkurrenz habe keine Chance. Wer Profit aus
Krokodilfarmen ziehen wolle, brauche einen langen Atem: "Es dauert zwei Jahre, bis sich die
Krokodile an einem neuen Ort so wohl fühlen, dass sie Eier legen. Dann dauert es noch einmal
mindestens drei Jahre, bis die Jungen schlachtreif sind." Die neuen Konkurrenten machen die
Preise kaputt, verkaufen zum Selbstkostenpreis, um die Zinsen ihrer Darlehen zu bezahlen. Das
Leben gleicht einem Haifischbecken, stöhnt Uthen. Man könnte auch sagen: einem
Krokodil-Bassin.
Vor jeder Show bittet Krokodil-Bändigerin Nang die guten Geister um Beistand, meistens helfen
sie, aber nicht immer. Als Nang einmal ein Krokodil wie gewöhnlich am Schwanz aus dem
Bassin zog, drehte es sich mit unglaublichem Geschick um und schnappte nach ihrer Hand, die
seitdem von einer Narbe gezeichnet ist. An ihrem Oberarm hat Nang ebenfalls violette Narben
einer schlecht verheilten Wunde. Sie stammte von einem der 40 Kilogramm schweren Tiere, die
sie und ihre Kollegen am Ende der Show aus dem Bassin tragen. An jenem Tag erwischte Nang
ein übellauniges Tier. "Mit neun Stichen genäht", sagt Nang.
Die Echsen werden vor den Shows immer gut gefüttert. Wenn ein Krokodil hungrig ist, läuft ein
Reflex ab, der kaum zu stoppen ist: Zubeißen, die Beute bis zur Bewusstlosigkeit
herumschleudern, ins Wasser zerren und ertränken. "Es gibt Krokodile, die beißen schneller
als andere. Das Wichtigste ist: Du darfst nie zögern, du musst ihnen immer das Gefühl geben,
dass du stärker bist. Also nicht zaghaft sein, sondern richtig zupacken", sagt Nang.
Trotz der Gefahr, aufhören wolle sie nicht. Jede Woche könnte sie sich einen Kühlschrank und
einen Fernseher kaufen, sagt sie. Um ihren Hals hängt eine Kette mit einem Buddha-Anhänger
aus Gold. Er hat 6000 Baht gekostet, dafür arbeitet ein Bauarbeiter zwei Monate lang. "Der
Anhänger sorgt dafür, dass die Zuschauer mehr Geld herunterwerfen", sagt Nang. Wie einer
Pop-Sängerin jubelt ihr das Publikum zu, und ein paar Mal kam sie sogar schon im Fernsehen,
und ihre Familie und die Freunde saßen zu Hause vor der flackernden Kiste. Seither sagen ihre
Eltern am Telefon nicht mehr, dass sie wieder Cola verkaufen solle, lediglich: "Sei vorsichtig."
Nang verspricht's und auch, dass sie kein Krokodil-Fleisch essen wird. "Sonst sehen uns die
Tiere als Feinde und beißen zu."
Die Zuschauer jedoch gehen gerne hinüber ins Restaurant und essen Suppe. Der Löffel fischt vom
Grund der Schale einen blaugrauen Krokodilfinger, der eine Konsistenz wie ein Gummibärchen
hat. Das also soll Europa in Zukunft essen? Uthen holt seinen Taschenrechner, tippt wild drauf
herum und zeigt die Anzeige: 27. "Das ist der tägliche Fleischzuwachs in Kilogramm in unserer
Farm. Krokodile nehmen unglaublich langsam zu. Wie sollen wir mit 27 Kilogramm am Tag
Europa bedienen?" Nein, das Entscheidende an diesem Business sind die Häute, das Fleisch ist
nur Nebenprodukt. "Krokodilfleisch ist weiß. Das ist nicht, was ihr Europäer wollt", sagt er. "Ihr
wollt rotes Fleisch. Strauße sind die Zukunft. Ich fange mit 5000 Stück an. Ein Krokodil kann 30
Eier im Jahr bekommen, die Vögel 90. Ein Krokodil muss ich fünf Jahre füttern, einen Strauß
nur zwei."
Auch die Zucht-Bassins dienen in Samut Prakan als Touristen-Attraktion. Vier Meter lange
Reptilien warten hier in der grünen Flut, Kopf an Kopf, fauchen, schnauben. Chinesische
Touristen schauen fasziniert zu. In ihrer Heimat verehrt man die Tiere als Nachfahren der
Drachen. Da ist ein Tribut fällig. Die Zuschauer geben einer Verkäuferin 20 Baht, umgerechnet
eine Mark, und bekommen dafür einen Eimer voller Schlachtabfälle: ein halbes Dutzend
Hühner-Torsos aus Mastbetrieben, die jede Woche lastwagenweise zur Krokodilfarm kommen.
Von den Stegen werfen die Touristen die Hühnerreste zwischen die riesigen Leiber der Reptilien.
Ihre Schwänze peitschen das Wasser, in einem Gebrodel aus Pfoten, Gischt und gepanzerten
Rücken sieht man Zähne und helle Rachen, binnen Sekunden sind die Hühner-Skelette
verschwunden.
"Das hier ist das Becken mit den erwachsenen Tieren, die sich fortpflanzen sollen", erklärt
Uthen. Die Weibchen legen im Juni 30 faustgroße Eier in die Nester, die sie mit ihren Pfoten 20
Zentimeter tief ausheben und mit Stroh bedecken. Apon Tinta, 37, die Krokodil-Hebamme, hat die
Nester gleich nach der Ei-Ablage geplündert und die Eier in Brutregale gelegt, sie klackern
dabei wie Tischtennisbälle. Nach 80 Tagen fiepen und rasseln die Baby-Krokodile unter der
vibrierenden Schale. Zehntausende von Reptilien hat Apon in dem beheizten Brutraum auf die
Welt gebracht, in dem es noch ein paar Grad heißer ist als unter freiem Himmel. Die genaue
Temperatur ist ein Geheimnis, nur so viel: "Wenn sie etwas höher ist, entstehen mehr
Männchen."
Sobald Apon eine Kerbe in die Schale gedrückt hat, zeigen die Baby-Krokos ihre Schnauzen und
brechen nur Sekunden später mit dem ganzen 25 Zentimeter langen Körper heraus, hüpfen über
Apons Hand, gleiten behende in die bereitgestellte Wanne, paddeln und warten auf die erste
Mahlzeit aus Hühnerknochenhack. Ein drei- bis sechsjähriges Leben aus Dösen und Fressen
steht ihnen bevor. Wenn sie 35 bis 40 Kilogramm schwer und an die zwei Meter lang sind, ist
ihre glatte, wie Elfenbein schimmernde Bauchhaut groß genug, um Handtaschen daraus zu
schneiden. Männer schleudern dann Lassos um ihre Kiefer und töten sie mit einem Messerstich
in den Nacken. Nur Chao Yai - zu deutsch: "Onkel Riesig" - wird verschont, mit 1114
Kilogramm laut Guinness-Buch das größte lebende Krokodil der Welt. Zu seinem 28. Geburtstag
bekam er einen Blumenkranz von einer bekannten Sängerin um den verknöcherten Nacken,
außerdem zwei Haie statt Torte, und einen Artikel in der Bangkok Post.
Heute sind zwei Händler aus Tokio angereist. 200 Häute liegen eingesalzen übereinander.
Masayoshi Hayashi, 49, und Tomoyasu Inoue, 33, begutachten jede einzelne auf Schäden und
sortieren sie nach Qualität. Helfer knallen ihnen die Häute in 20-Sekunden-Abständen einzeln
auf einen Tisch, sie wischen mit einer Kleiderbürste das Salz weg, ihre Augen scannen fiebrig
über die Reihen der Fingernagel großen Plättchen, aus denen die Bauchhaut zusammengesetzt
ist, auf der Suche nach Bissverletzungen. So geht das stundenlang.
Längst sind die Helfer und die Japaner schweißnass. Zahlen werden hin- und hergerufen,
welche die Breite der Bauchhaut bezeichnen, denn danach wird der Preis berechnet: Der
Zentimeter kostet zwischen drei und fünf Dollar, eine schöne Haut kann 250 Dollar bringen. Die
Händler sind nicht besonders zufrieden, zu viele Häute zeigen Verletzungen. Uthen macht einen
guten Preis, man kennt sich schließlich seit Jahrzehnten. "Außerdem werden Asiaten
ungemütlich, wenn sie glauben, übers Ohr gehauen zu werden", raunt Uthen.
Uthen ist es zu gefährlich, seinen Vater lediglich als Krokodil-König zu beerben. Er ist auf der
Hut. Vielleicht wird die neue Konkurrenz ja doch immer stärker, da heißt es ausweichen, klug
sein, wenn man überleben will. Was ohne diese Einsicht passiert, kann Uthen in den
Krokodilbecken beobachten. Manchmal schlagen zwei Rivalen im Kampf um ein Weibchen ihre
Kiefer ineinander und gehen unter. Statt irgendwann den Biss zu lockern und wieder
aufzutauchen, ersaufen sie gemeinsam. Es ist nicht gut, zu verbissen zu sein.
Service Samut Prakan
Anreise: Die Stadt Samut Prakan liegt an der Mündung des Chao Praya, 28 Kilometer südöstlich
des Stadtzentrums von Bangkok. Mit öffentlichen Bussen ist die Farm nur schlecht zu erreichen.
Mit dem Mietwagen nehmen Sie den Expressway nach Bang Na und fahren dann auf der alten
Sukhumvit Road Richtung Samrong. In Samut Prakan biegt man von der Sukhumvit Road ab
und folgt der Beschilderung. Am besten aber ist, man nimmt von der Innenstadt aus eines der
Taxis, die recht günstig sind. Die Adresse der Farm ist: 555 Moo 7, Taiban Road; Internet
www.crocodilefarm.com Öffnungszeiten: Jeden Tag von sieben Uhr morgens bis sechs Uhr
abends. Unter der Woche besuchen nur wenige, meist ausländische Touristen die Farm. Am
Wochenende ist es sehr voll mit Bangkoker Familien auf Sonntagsausflug.
Unterkunft: In Samut Prakan gibt es keine empfehlenswerten Unterkünfte. Am besten ist, man
wohnt in der Innenstadt und macht einen Tagesausflug auf die Farm. Sparsame
Rucksackreisende wohnen am besten in einem von Dutzenden Gästehäusern in der Khao San
Road.
Extratip: Unweit der Krokodilfarm, wenige Kilometer weiter südlich an der Sukhumvit Road
liegt das Freiluftmuseum "Ancient City". Hier finden sich Reproduktionen von Palästen,
Tempeln und traditonellen Häusern aus ganz Thailand.
Gesundheit: Für die Einreise nach Thailand sind zurzeit keine Pflichtimpfungen erforderlich.
Das Fremdenverkehrsamt des Landes empfiehlt aber eine Impfung gegen Hepatitis A sowie die
Erneuerung von Tetanus-Impfungen. Wegen zuweilen lästiger und auch bedenklicher
Nebenwirkungen sehen immer mehr Ärzte und auch Tropeninstitute davon ab, eine
Malaria-Prophylaxe zu empfehlen. Der beste Schutz gegen Malaria und zum Teil auch
Dengue-Fieber - besteht nach Sonnenuntergang in der Prävention durch mückenabweisende
Mittel, Räucherspiralen, Körper bedeckende Kleidung und Moskitonetze. Landesweit besteht
derzeit erhöhtes Risiko für Durchfallerkrankungen. Vor dem Verzehr und Kauf von
Lebensmitteln aus billigen Straßenständen und von Märkten wird gewarnt. Sorgfältige
Nahrungsmittel- als auch Trinkwasser-Hygienemaßnahmen sollten stets durchgeführt werden,
rät das Tropeninstitut München.
Geld: Die Landeswährung ist der Baht (ein Baht = 100 Satang). Der Wechselkurs (Stand März
2002) 1 Euro = 37 Baht. Devisen und Reiseschecks können in unbegrenzter Höhe eingeführt
werden. Geldwechseln ist außer in Hotels und bei den Banken auch bei lizenzierten
Geldwechslern möglich, die darüber hinaus oft sogar einen besseren Kurs berechnen.
Euroschecks werden nur von der Thai Farmers Bank eingelöst. Mit Visa- und Mastercard
können Sie im ganzen Land problemlos bezahlen und Bargeld abheben.
Literatur: Thailand, Stefan Loose-Verlag Berlin; Kulturschock Thailand, von Rainer Krack,
Reise Know-How Verlag; Bangkok und Umgebung, Cityguide von Rainer Krack, Reise
Know-How Verlag.
Auskunft: In Deutschland: Thailändisches Fremdenverkehrsamt, Bethmannstr. 58, 60311
Frankfurt a.M., Tel. 069/1381390, Fax 069/13813950, E-Mail tatfra@t-online.de; Internet
www.thailandtourismus.de
In Thailand: Tourism Authority of Thailand, Le Concorde Building 202, Ratchadaphisek Road,
Huai Khwang, Bangkok 10310, Thailand, Tel. 0662/6941222, Fax 0662/69412201, E-Mail
center@tat.or.th, Internet www.tourismthailand.org