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Aus der Frankfurter Rundschau vom 20.02.2002
Unfreundlicher Akt einer Urlaubsbekanntschaft
Der Streit zwischen dem Fechter-Bund und "Willi" Kothny trägt Züge einer Seifenoper ohne Happyend
Von Reinhard Sogl
Es ist ja nicht das erste Mal gewesen, dass eine Urlaubsbekanntschaft das Leben gravierend verändert. Zumal es Zuneigung war auf den ersten Blick. Sagt zumindest Wiradech Kothny, wenn er sich seines Rendezvous´ in Thailand erinnert. Plötzlich letzten Sommer. Da habe ihn der Zufall in die Internationale Universität Bangkok geführt, "hier fühlte sich der geborene Thai auf Anhieb wohl". Berichtet jedenfalls dessen Adoptivvater in einem gestern in die FR-Redaktion geschickten Fax. Woraus schon ersichtlich ist, dass wegen des starken Empfindens von Wiradech Kothny fürs Land seiner leiblichen Väter nicht nur dessen Gefühls-Welt in Unordnung geraten ist. Denn der 22-Jährige, den alle nur "Willi" nennen, ist einer der weltbesten Säbelfechter. Oder war es bis zum Sonntag, ehe Kothny das Ende seiner Karriere in der deutschen Nationalmannschaft erklärte, ohne vom Deutschen Fechter-Bund (DFeB) die Freigabe für den thailändischen Verband zu erhalten. Drei Jahre Sperre aber bedeuteten das Ende aller sportlichen Tage.
Der auf den ersten Blick anrührige Fall des gebürtigen Thai, der mit zwei Jahren nach Deutschland kam, dort eine prima sportliche und schulische Karriere absolvierte und nach zwei olympischen Bronzemedaillen und dem Abitur seinem plötzlichen Drang zurück zu den Wurzeln nachgegeben hat, erinnert mittlerweile an eine Seifenoper ohne Happyend. Denn der Deutsche Fechter-Bund (DFeB), der sich von Kothny vor die Wahl gestellt sah, entweder die für Weltcup-Turniere anfallenden Reisekosten in Höhe von rund 15 000 Euro pro Jahr zu übernehmen oder seinem Paradefechter aus Koblenz die Freigabe für Thailand zu erteilen, kann das eine mangels finanzieller Mittel nicht leisten und will das andere nicht. Der sportliche Aspekt, einen Fechter jahrelang gefördert zu haben, auf den man bei Wettkämpfen künftig nicht als Gegner treffen wolle, ist ein Grund.
"Wir leben von der öffentlichen Förderung, und die hängt von der Leistung ab. Was haben wir davon, wenn er uns die Jacke vollhaut?", fragt DFeB-Sportdirektor Claus Janka. Es gehe nicht um "humanistische Gesichtspunkte". Und es klingt nach gekränkter Seele, wenn Janka als einen anderen Grund für die hartleibige Haltung des Verbandes angibt: "Mit der Anfrage des Nationalen Olympischen Komitees von Thailand auf Freigabe hat er uns den Stuhl vor die Tür gesetzt. Das war ein unfreundlicher Akt." Man müsse doch, bitteschön, bei der Bewertung des Streits, zwischen "Ursache und Wirkung" unterscheiden. Janka weiß, dass in der öffentlichen Diskussion die Rollen klar verteilt sind: "Hier der böse Verband, da der scheidende, liebenswerte Junge."
Die Wahrheit liegt wohl auch hier in der Mitte, denn beide Seiten fochten wohl nicht mit offenem Visier. Das Hauen und Stechen fußt dabei ganz offensichtlich auf einer Mischung aus Missverständnissen und Emotionen. Jedenfalls will Erik Kothny den Vorwurf, vollendete Tatsachen geschaffen zu haben, nicht stehen lassen. Er habe anfangs lediglich "Auslotversuche" gemacht, wie sein Sohn trotz Wohnsitzes in Bangkok weiterhin den Säbel schwingen könne. "Dilettantisch" sei daraufhin das thailändische NOK mit einer Freigabeanfrage vorgeprescht, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Wechsel keinesfalls schon geplant gewesen sei, sondern die Möglichkeit der immer noch im Raum gestanden habe.
Die wird es nicht geben. Kothny senior sieht deshalb und wegen der unbeugsamen Haltung des Verbandes in Sachen Freigabe seinen Sohn aufs "Abstellgleis" geschoben. Die Hoffnung auf einen Kompromiss, den Janka für die fernere Zukunft nicht ausschließen will, hat der Mann immer noch. Er habe sowohl dem thailändischen Verbandspräsidenten als auch DFeB-Chef Gordon Rapp einen Brief geschrieben mit der Bitte, im persönlichen Kontakt eine Lösung zu suchen.
Unfreundlicher Akt einer Urlaubsbekanntschaft
Der Streit zwischen dem Fechter-Bund und "Willi" Kothny trägt Züge einer Seifenoper ohne Happyend
Von Reinhard Sogl
Es ist ja nicht das erste Mal gewesen, dass eine Urlaubsbekanntschaft das Leben gravierend verändert. Zumal es Zuneigung war auf den ersten Blick. Sagt zumindest Wiradech Kothny, wenn er sich seines Rendezvous´ in Thailand erinnert. Plötzlich letzten Sommer. Da habe ihn der Zufall in die Internationale Universität Bangkok geführt, "hier fühlte sich der geborene Thai auf Anhieb wohl". Berichtet jedenfalls dessen Adoptivvater in einem gestern in die FR-Redaktion geschickten Fax. Woraus schon ersichtlich ist, dass wegen des starken Empfindens von Wiradech Kothny fürs Land seiner leiblichen Väter nicht nur dessen Gefühls-Welt in Unordnung geraten ist. Denn der 22-Jährige, den alle nur "Willi" nennen, ist einer der weltbesten Säbelfechter. Oder war es bis zum Sonntag, ehe Kothny das Ende seiner Karriere in der deutschen Nationalmannschaft erklärte, ohne vom Deutschen Fechter-Bund (DFeB) die Freigabe für den thailändischen Verband zu erhalten. Drei Jahre Sperre aber bedeuteten das Ende aller sportlichen Tage.
Der auf den ersten Blick anrührige Fall des gebürtigen Thai, der mit zwei Jahren nach Deutschland kam, dort eine prima sportliche und schulische Karriere absolvierte und nach zwei olympischen Bronzemedaillen und dem Abitur seinem plötzlichen Drang zurück zu den Wurzeln nachgegeben hat, erinnert mittlerweile an eine Seifenoper ohne Happyend. Denn der Deutsche Fechter-Bund (DFeB), der sich von Kothny vor die Wahl gestellt sah, entweder die für Weltcup-Turniere anfallenden Reisekosten in Höhe von rund 15 000 Euro pro Jahr zu übernehmen oder seinem Paradefechter aus Koblenz die Freigabe für Thailand zu erteilen, kann das eine mangels finanzieller Mittel nicht leisten und will das andere nicht. Der sportliche Aspekt, einen Fechter jahrelang gefördert zu haben, auf den man bei Wettkämpfen künftig nicht als Gegner treffen wolle, ist ein Grund.
"Wir leben von der öffentlichen Förderung, und die hängt von der Leistung ab. Was haben wir davon, wenn er uns die Jacke vollhaut?", fragt DFeB-Sportdirektor Claus Janka. Es gehe nicht um "humanistische Gesichtspunkte". Und es klingt nach gekränkter Seele, wenn Janka als einen anderen Grund für die hartleibige Haltung des Verbandes angibt: "Mit der Anfrage des Nationalen Olympischen Komitees von Thailand auf Freigabe hat er uns den Stuhl vor die Tür gesetzt. Das war ein unfreundlicher Akt." Man müsse doch, bitteschön, bei der Bewertung des Streits, zwischen "Ursache und Wirkung" unterscheiden. Janka weiß, dass in der öffentlichen Diskussion die Rollen klar verteilt sind: "Hier der böse Verband, da der scheidende, liebenswerte Junge."
Die Wahrheit liegt wohl auch hier in der Mitte, denn beide Seiten fochten wohl nicht mit offenem Visier. Das Hauen und Stechen fußt dabei ganz offensichtlich auf einer Mischung aus Missverständnissen und Emotionen. Jedenfalls will Erik Kothny den Vorwurf, vollendete Tatsachen geschaffen zu haben, nicht stehen lassen. Er habe anfangs lediglich "Auslotversuche" gemacht, wie sein Sohn trotz Wohnsitzes in Bangkok weiterhin den Säbel schwingen könne. "Dilettantisch" sei daraufhin das thailändische NOK mit einer Freigabeanfrage vorgeprescht, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Wechsel keinesfalls schon geplant gewesen sei, sondern die Möglichkeit der immer noch im Raum gestanden habe.
Die wird es nicht geben. Kothny senior sieht deshalb und wegen der unbeugsamen Haltung des Verbandes in Sachen Freigabe seinen Sohn aufs "Abstellgleis" geschoben. Die Hoffnung auf einen Kompromiss, den Janka für die fernere Zukunft nicht ausschließen will, hat der Mann immer noch. Er habe sowohl dem thailändischen Verbandspräsidenten als auch DFeB-Chef Gordon Rapp einen Brief geschrieben mit der Bitte, im persönlichen Kontakt eine Lösung zu suchen.