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Fahrt ins Ungewisse

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Jinjok

Jinjok

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Busfahren ist auch fuer den ungeuebten Touristen-Farang in Thailand zu bewaeltigen. Von den BKKer Busterminals fahren VIP- und 1st-Class Busse mit Air Condition zu allen wichtigen touristischen Zielen. Die Busterminals haben Info-Desks. wo man auch auf Englisch den Weg gewiesen bekommt bzw. den naechsten Bus erfragen kann. Auch der Farang-Ehemann geht selten allein in unbekanntes Niemandsland, wenn er sich auf den Weg in´s entfernte Isarn-Dorf seiner Thai-Familie macht. Mindestens beim ersten Mal wird er da von seiner Allerliebsten begleitet. Hier nun mal ein Erlebnis der anderen Art.

Auf unserer letzten Thailandreise planten wir von Ayuttaya aus weiter nach Suphan Buri zu fahren. Ueber die Provinzhauptstadt Suphan ist schon verdaechtig wenig im www herauszubekommen, von Online-Hotelreservierungen mal ganz zu schweigen. Das sollte schon eine Warnung sein, dass man sich auf touristisch weniger erschlossenes Terrain begibt. Da Ayuttaya und Suphan Buri Nachbarprovinzen sind, gingen wir mutig davon aus, dass es auch eine Busverbindung gibt. Das war nicht falsch, auch wenn keine A/C-Busse auf dieser Direktverbindung verkehren.

Je naeher der letzte Tag in der alten Hauptstadt Siams rueckte, desto draengender wurde die Frage nach den konkreten Umstaenden der Ueberfahrt. Wo z.B. faehrt der Bus genau ab, kann man da mit 2 Hartschalenkoffern und Reisetasche ueberhaupt mitkommen usw. Aus dem Heftchen vom oertlichen TAT-Office wussten wir, die Busse der Linie sind gelb und haben die Nummer 703. Als wir am innertaedtischgen Busterminal verbeifuhren sahen wir zu unserer Erleichterung einen riesengrossen, funkelnagelneuen gelben 703er. Mit offenen Fenstern zwar, aber mit riesigen Koffer-Bunkern unter dem Fahrgastraum. Puha, dachten wir: Glueck gehabt.

Spaeter auf dem Heimweg sahen wir dann noch einen anderen gelben Bus den wir aufgrund seines Zustandes zuerst fuer einen abgewrackten Schulbus hielten. Aber die verblichene 703 an der Seite liess Schlimmes ahnen. Dieser Seelenverkaeufer hatte natuerlich keinen Stauraum fuer Koffer und fasste sicher auch nur die Haelfte der Passagiere wie das neue Schmuckstueck, welches wir vorher sahen. Also sprach Jiap ein paar Mantras extra, damit morgen nicht so ein verrottetes Schlachtschiff am Pier stehen wuerde. Zur Not koennten wir ja auf den Naechsten warten, da im Halbstundentakt gefahren wurde.

Naja Ihr denkt es Euch ja sicher schon, als wir am naechsten Morgen aus unserem Tuk-Tuk-Mini-Song-Taew krabbelten, stand da ein alter gelb-chromiger Mercedes, der seine besten Tage vor ein paar Jahrzehnten gehabt haben mochte. Auch die 703 war als unuebersehbarer Fingerzeig des Schicksals immer noch an der Seite deutlich zu entziffern. Ausser dem Fahrer und einer Frau mit Saeugling (3 Monate alt) war keiner im Bus.

Die Frau war die Kassiererin und Mutter des Babies vom Busfahrer, also ein Familienbetrieb. Sie hatte niemand der auf das Kind aufpasst, also faehrt es immer mit. Im Uebrigen sah sie kein Problem die Koffer ganz hintern vor der letzten Sitzreihe hinzustellen und der Bus fuehre in 3 Minuten. Nagut, wenn es keine anderen Fahrgaeste gab, dann warten wir doch nicht in der beginnenden Mittagsglut auf den naechsten Bus und 90 Minuten Fahrzeit sind ja auch keine Ewigkeit.

2 andere Leute steigen ein und fielen fast, weil sie ihren Blick beim Einsteigen nicht von dem komischen Paerchen in der letzten Reihe wenden konnte. Der Bus fuhr an und quaelte sich durch den dichten Verkehr um das Busterminal. Dabei gab jedes Schlagloch einen unverminderten Stoss auf die starre Karosse des Busses wieder, der wie die meisten einfachen Gefaehrte einen durchgaengigen, ebenen Holzboden hatte. Der Innenraum war schoen mit Chromblechen verkleidet und unter der decke brummten im 2-Meter-Abstand oszilierende Miefquirls und versuchten vergeblich die zaehe, stickige Luft zu durchmischen. Hinter uns im Rueckfenster hingen riese Bassreflex-Boxen, die den ganzen Bus mit poppiger Look Toong Musik beschallten. Es war nicht einfach den Hoellenlaerm den der der alte Trucksdiesel machte zu uebertoenen, aber die verstaerken hatten ausreichend Power. Wir sassen genau unter diesem Kraftwerk.

An jeder Strassenecke in der Innenstadt schien eine Bushaltestelle zu sein und bevor wir nach 15 Minuten die Stadtgrenze passierten, waren alle Sitzplaetze belegt. Neben mich setzte sich ein sehr alter mann in sehr abgewetzte Kleidung. Ich hatte zunaechst angenommen, die Tueren des Busses wuerden in der Stadt nicht geschlossen, weil er sowieso staendig hielt. Ausserdem war bei dem Schneckentempo kaum Fahrtwind da und die zusaetlich offenen Tueren sorgen vielleicht fuer mehr Luftbewegung. Aber auch ausserhalb der Stadt blieben Tueren auf. Bei genauerem Hinsehen musste ich feststellen, das die Fuehrungszapfen oberhalb der Tuer mit einer Schelle festgeschraubt waren, sodass sich diese Tuer in keiner Weise mehr bewegen liess.

Die Strasse nach Suphan Buri ist die Landstrasse 3263 und war an dem Mittag gut befahren. Von meinem Platz in der Mitte der Rueckbank konnte ich die Strasse vor dem Bus gut beobachten. Nach einer Weile auf der Landstrasse kam das alte Schlachtschiff von Bus so richtig in Fahrt und begann auf den unebenen Strasse zu springen und zu taenzeln, was mir den vergleich zu einem Schiff bei bewegter See suggerierte. Mittlerweile versuchte der Fahrer ein paar vor uns fahrende Pick Ups zu ueberholen, woraus ich schloss, dass wir bereits jenseits zu erlaubten 80 km/h waren. Mit einem Seitenblick durch die offene Tuer sah ich den Strassengraben ziemlich nah vorueberhuschen. Der alte Mann neben mir schlief seelruhig vom Schaukeln des Busses hin und her geschuettelt.

Aber die Tuer machte mir weniger Sorgen als das schnittige Fahrverhalten des Busdrivers, der auch schon jenseits der 50 sein musste. Aber allen Zweifeln zum Trotz zog er dann doch irgendwann an allen anderen vorbei und zog unbeirrt seine Bahn ueber die Buckelpiste. Inzwischen fing das Baby an zu weinen. Es lag auf dem vordersten Sitz neben dem Fahrer. Die Mutter/Kassiererin nahm es auf und gab die Flasche. Die Musik war uebrigens nach erreichen der offenen Landstrasse ausgestellt worde, da gegen den Hoellenmotor bei max Drehzahl auch die Boxen nicht mehr ankamen.

Draussen zogen Reisfelder in endloser Folge vorbei. Auch eine Abfuellerrei fuer Carlsberg Beer passierten wir. Aber sonst gab es kaum was zu sehen ausser Weite. Eine Weite wie ich sie nur aus dem Norden Deutschlands und Juetlands kenne. Viele Stelzvoegel standen in den gefluteten Feldern, manche sahen fast wie kleine Stoerche aus. Auf vielen Felden waren kleine eisenraedrigen Traktoren mit pfluegen zu Gange. Auch gab es gegelegentlich ein Reisfeld, welches man zur Shrimpfarm mutiert hatte. Das schloss ich aus den viereckigen flachen Tuempeln, in denen diese typischen Reihen von Schaufelraeden rotierten um Sauerstoff ins Wasser zu bringen.

In der District-Stadt Sena verliessen wir die Haupstrasse nach Suphan Buri und fuhren durch schmale Gassen zum erstaunlich geraeumigen Busbahnhofes mit vielen Bahnsteigen. In der Provinzhaupstadt Ayuttaya hielten die Busse entlang der Buergersteige. Das Busterminal ist eigentlich nur ein komplett verstopfter Strassenzug. Hier stieg etwa die Haelfte der Passagiere aus und neue kamen hinzu. Neben den Alten, der jetzt erwachte aber immer noch sehr doesig war, setzte sich eine Landfrau um die 50 mit 4 oder 5 Plastiktueten. Sie kam offenbar vom oertlichen Markt. Sie selbst trug eine Kuechenschuerze, sodass es aussah, dass sie nur bis zur naechsten Garkeuche mitfahren wuerde. Profimaessig klemmte sie ihrer Tueten zwischen offene Tuer und dem dahinter liegenden Radkasten des Hinterrades und setzte sich selbst unmittelbar an die offene Tuer zu uns auf die Rueckbank. Der Bus fuhr den selben Weg den er gekommen war zurueck zur Landstrasse 3263.

An der naechsten Tankstelle fuhr das gelbe Bus-Ungetuehm dann erstmal an die Boxen. Die Mutter und Kassierein hatte genug Geld eingenommen, den Tank auffuellen zu lassen. Das Baby wurde jetzt an junge Frauen weitergereicht, die Im Schatten des riesigen Tankstellendaches der Mittagsglut zu entgehen suchten. Die Mutter erzaehlte ihnen etwas und sie schaukelten und hielten das Wuermchen. An der Nachbarzapfsaeule stand ein Trike mit einem ca. 60jaehrigen Thai, der ein grosses, goldgefasstes Amulett an einer Halskette auf dem entbloessten ,braunen Bauch trug. Er hatte die Beine zum Schneidersitz verschraenkt und sich genuesslich nach hinten gelehnt und hoerte mit halbgeschlossenen Augen der rede einer Frau zu. Abschaetzig schuettelte er gelegentlich zum Redeschwall der Frau den Kopf. Dann kramte die Frau auch ein Amulett hervor um es ihm zu zeigen. Er winkte mehrmals ab waehrend er des gereichte Amulett wiederwillig betrachtete. Auch er wollte wohl lieber den Schatten geniessen und fuhr deshalb nach dem Tanken nicht sofort weiter.

Als unser Diesel seinen Durst gestillt hatte, wurde das Baby wieder auf den vorderen Sitz neben dem Fahrer gepackt und die Fahrt ging weiter. An einem einsamen Feldweg stieg die Bauerin ploetzlich aus. Der Feldweg fuehrte viele Kilometer schnurgerade durch die Reisfelder und ganz am Horizont waren ein paar Huetten zu erahnen. Da hatte die Gute mit ihren schwarzen Haaren und 5 vollen Taschen aber eine schoene Strecke vor sich. Der Bus frass die Kilometer ganz ordentlich und jedesmal wenn er hielt um jemand mitzunehmen oder abzusetzen, sauste mir der Kopf weil der harte Fahrtwind, welcher durch die Buss pfoff, abruppt aussetzte. Gleichzeitig war die Mittagshitze erbarmungslos zu spueren. Dann erreichten wir den Highway 340 von Bangkok nach Suphan Buri. Noch 20 km las ich auf einem Schild, welches jetzt auch wieder die englische Entsprechung anzeigte.

Dann hielt der Bus an einer Art grossem Open Air Food Shop und die Mutter Kassiererin stieg aus mit einer laenglichen Karte in der Hand. Sie verschwand drinnen und kam nach einer Minute wieder zurueck. Dabei musterte sie immer wieder die Karte und zeigte sie mehrmals dem Ehemann Busfahrer. Von nun an fuhr der Bus nur noch gemaechlich dahin, abwohl wir uns auf dem 4-spurigen Highway befanden. Ich nehme an, dass die Busse eine Art Stempelkarte haben um ihre Lenkzeiten zu pruefen und da war er wohl etwas zu frueh am naechsten Checkpoint angekommen, sprich Geschwindigkeitsdelikt, falls er bei einer Kontrolle die Karte vorzeigen muss.

Nach 15 Minuten kuendigte ein gignatisches Tesco-Lotus Schild die Peripherie von Suphan Buri an. Bei der Abfahrt hatten wir der Mutter Kassierin das Hotel genant in welchen wir in der Stadt abzusteigen gedachten. Sie versprach uns so nahe wie moeglich dort abzusetzen. was sie auch tat. Da standen wir nun mit unseren zwei grossen Koffern und einer Reisetasche und schauten mit noch immer sausendem Kopf dem verblichenem gelb-chromigen Schlachtschiff der Buslinie 703 nach, welcher uns in den letzen 90 Minuten fahrplangetreu die 75 km vom Ayutthaya nach Suphan Buri fahrtwindgekuehlt chauffiert hatte.
 
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