...meiner Meinung nach ist es bei dieser Frage wie mit den sonstigen Besonderheiten der jeweils anderen Nationalität und Kultur auch. Es lassen sich keine Verallgemeinerungen herbeizaubern, und die Bereitschaft zur Anpassung (Angleichung) hängt immer von den jeweiligen Bedürfnissen und Voraussetzungen ab.
Zu meiner konkreten Situation: meine Frau ist 46 Jahre alt ich bin 57. Ich bin daran interessiert, Kultur und Hintergrund meiner Frau kennenzulernen. Ich stelle viele Fragen und bekomme immer mehr Antworten. Ich habe Gefallen an der Ernährung gefunden, weil sie meinem Bedürfnis nach weitgehend fettfreier Kost sehr nahe
kommt und dazu noch sehr lecker ist. Dass die Chilli-Schärfe weder etwas für meinen Gaumen noch für meinen Magen ist, hat Suay voll akzeptiert. Sie wiederum hat eine Vorliebe für Brötchen, Marmelade, Wurst und Käse entdeckt.
Mir fällt das Erlernen einer total fremden Sprache erstaunlich leicht; Suay hat aufgrund der Tatsache, dass sie nie eine Schule besucht hat, naturgemäß große Schwierigkeiten damit. In ihrem Alter war es überhaupt ein riesiger Sprung hier in den Westen im Gegensatz zu einer 25-Jährigen, die über einen gewissen intellektuellen Background verfügt und wesentlich offener für unsere in ihren Augen vielleicht freiere Verhaltensweisen ist.
Ich bin nie ein Karrieregeier gewesen und habe in meinem Alter zumindest das beruflich erreicht, was ich erreichen konnte. Von daher bin ich viel zuhause, weil, ich muss ja keine Karriere mehr machen wobei ich vollen Respekt vor den Menschen habe, die einfach aus beruflichen Gründen viel unterwegs sein müssen -. Geschäftssinn habe ich auch nicht, von daher erstaunt mich Suay auch mit ihrer Sparsamkeit und der beim Einkauf an den Tag gelegten Zurückhaltung.
Ich hatte nie erwartet, mit ihr über die deutsche Arbeitsmarktpolitik diskutieren zu können oder die Osterweiterung der NATO. Ich bin allerdings beharrlich darin, wenn es um das Austragen von Konflikten geht; mittlerweile erzählt sie mir sogar ihre Träume, in denen sie ihr bisheriges Leben verarbeitet. Immerhin ist es mir gelungen, ihr mein Verständnis von 'Wahrheit' aufzupfropfen, das ihrem übrigens sehr nahe kommt. Ich erzähle ihr in schonungsloser Offenheit von meiner eigenen mitunter unrühmlichen Vergangenheit wobei für sie anscheinend wirklich nur wichtig ist, was heute ist. Und, was sie heute sieht, gefällt ihr anscheinend.
Mir wäre es lieb, sie hätte vielleicht mehr Kontakt zu ihren Landsleuten; sie will es z.T. gar nicht, da sie die Einstellungen so mancher ihrer jüngeren Landsleute nicht mehr so ganz nachvollziehen kann.
So ließen sich noch viele Beispiele anführen. Doch ich gehe auch davon aus, dass es schon etwas spät ist, in ihrem Alter denselben Integrationsprozess in Gang setzen zu wollen, wie es ein Mensch von 25 oder 30 Jahren vielleicht tun würde. In meinem kleinen Bekannten- und Freundeskreis ist sie akzeptiert, aufgrund ihrer Fröhlichkeit immer gern gesehen.
Ich denke, wir werden auch hier einen Kompromiss finden. Ihre Deutsch-Kenntnisse werden sich im Verlauf der Zeit so vervollkommnen, dass sie sich notfalls im täglichen Leben auch einmal alleine zurechtfindet, wobei für Suay klar ist, dass sie, wenn mir etwas passieren sollte, in ihre Heimat zurückkehren wird. Doch dann wird sie wenigstens versorgt sein.
Für mich stellt sich die Perspektive, nach meiner Pensionierung für 4 5 Monate im Jahr in Thailand zu leben, den Rest in unserem schönen Lande.
Meine Wissbegierigkeit an Thailand kann man auch als intellektuelles Hobby bezeichnen. Wobei mein Interesse für den Buddhismus allerdings bereits vor 10 Jahren geweckt worden war. Für Suay ist es interessant und wichtig so sagt sie etwas vom 'Deutsch-Sein' zu erfahren und, dass sie ein zufriedenes ruhiges Leben führen kann, dass sie nicht alleine durchs Leben gehen muss.
Ich hatte es an anderer Stelle auch schon einmal so formuliert: während ich vermutlich über genügend Strategien verfüge, in einer so durchorganisierten Geschichte wie der unsrigen Hemisphäre zu überleben, so verfügt Suay über so viel praktische Intelligenz, dass wir beide in Thailand überleben könnten. (wie hieß es immer bei der Rollenbeschreibung für Männer und Frauen in D ? Ganz klar, die Männer kümmern sich um die Hungersnot in Obervolta, die Frauen um Küche, Kinder, Kirche.....);-D
Anpassung ? Ich sehe es mehr als gegenseitige Ergänzung zweier Menschen, die beide unter vollkommen verschiedenen Bedingungen aufgewachsen sind. Und, um es vielleicht auch einmal klar auszudrücken: würde ich in meinem sogenannten dritten Frühling aufgehen wollen, wäre sie sicher nicht die richtige Frau für mich. Doch gibt sie mir das Gefühl, durch ihre natürliche Sexualität, mich nicht täglich als Mann produzieren und beweisen zu müssen.
Und, was die 'Vergangenheit' meiner Frau betrifft: bis heute kenne ich nur Bruchstücke von dem, was in den fünfundvierzig Jahren in Thailand abgelaufen ist. Sie hat innerhalb der Familie viel arbeiten müssen, weil, als ungeliebtes Kind aus der ersten Beziehung ihrer Mutter war sie für jede Arbeit auch im Familienkreis gut genug. Warum sollte sie auch zur Schule gehen ? Irgendjemand musste ja auf die Geschwister und später auf deren Kinder aufpassen. Ihren Mann hatte sie kennengelernt, als sie im Alter von 16 Jahren eine Freundin für einen Besuch in den Knast in Udon Thani begleitete. Der saß da gerade auch eine 1 ½ jährige Strafe ab. Die beste Gelegenheit, sich der Verpflichtung zu harter Arbeit zu entziehen. Dass sie damit in die berühmte Traufe kam, nun, das konnte sie vorher nicht wissen.
Sie hat auch gemeinsam mit ihrem Mann in Bangkok, auf Phuket oder sonst wo auf dem Bau gearbeitet. Dass sie mit demselben Wasser, mit dem der Speis angerührt wurde, ihr Süppchen gekocht hatten, nur am Rande.
Nun die andere Alternative: sie hat gar nicht gearbeitet, sich nur gebläht und vielleicht doch ein paar Jährchen in der Bar oder sonstwo verdient. Sie ist nur auf Druck der Familie hier, um noch einen weiteren Sponsor für diese bei Laune zu halten. Ihre ganze Geschichte ist ein einziges Märchen, erzählt, um das große weiche Herz des Farangs bei Laune zu halten. Nun, dann wäre sie eine Schauspielerin par excellence, dann hätte sie den 'Oscar' verdient. Das mag ich nun nicht glauben, dagegen sprechen der krumme Rücken, die abgearbeiteten Hände und die gegerbte Gesichtshaut.
Aber, selbst, wenn sie als Prostituierte ihr Geld verdient hätte was sollte mich das jucken (will jetzt auch nicht das überstrapazierte Glashaus bemühen); ich sehe sie, so, wie sie heute ist, und das gefällt mir.
Wie war das noch mit dem Topf und dem Deckel ? Nun, scheint was dran zu sein.........
