Hallo Jinjok,
Wenn wie du schreibst, diese Geschichte aus einem thailändischen Märchenbuch stammt, könnte man diese Geschichte auch etwas anders darstellen (umschreiben) ohne sich Gedanken machen zu müssen irgenwelche Copyrechte zu verletzten. Die Geschichte von Thai-Norbert und seiner Frau, haben mich ein bisschen motiviert am Thema zu arbeiten und gestern Abend hat sich auf die Schnelle folgende Lösung ergeben. Es ist nur ein Entwurf, aber lest selbst.
Das Dorf der Aufrichtigkeit.
Tamon lebte schon immer soweit er sich erinnern konnte, in einem kleinen Dorf in der Nähe von Mae Hong Son. Zeit seines Lebens war er ohne Eltern aufgewachsen, seine Mutter bei der Geburt gestorben, sein Vater im Krieg gegen die Rebellen ums Leben gekommen, erzählte man ihm, zu der Zeit in der er es verstehen konnte, warum und wie das Leben so von statten gegangen sei, in dieser Zeit in dem aus dem kleinen Tamon ein kräftiger stattlicher junger Mann geworden war. Er saß oft stundenlang mit den anderen Dorfbewohnern, meist ältere, die seine Mutter und seinen Vater noch aus vergangenen Tagen kannten, auf dem Dorfplatz und hörte sich die alten Geschichten an. So vergingen die Jahre und er kam in ein Alter, in dem man sich Gedanken über die Zukunft machen sollte. Die anderen jungen Männer und Frauen waren alle schon verheiratet und hatten einen netten Partner gefunden, gemeinsame Kinder, halt eine Familie gegründet, nur er, eben nicht.
Beherzt nahm er sich vor, wenn es sein musste auch eine weite Reise zu machen und nach einer Ehefrau zu suchen, die zu ihm passte, die ihn verstehen, ehren und lieben würde. Aber alles musste geplant sein, etwas Geld würde er schon brauchen. Vom betteln oder gar stehlen wollte er nichts wissen, so war er nicht erzogen worden. Sie waren zwar alle sehr arm gewesen und die Bepflanzungen brachten auch nicht das große Geld von Reichtum ganz zu schweigen. Es reichte gerade mal zum leben, hungern musste hier trotzdem keiner.
Oft konnte Tamon nicht schlafen und wanderte alleine durch die dunklen Nächte, um den Dschungel zu erkunden, um die Geister zu ärgern oder einfach auf der Suche nach etwas Abwechslung. Hier kannte er sich aus. Er wusste die geheimen Stellen an denen es reichlich Wurzeln und Kräuter zu finden gab. Er kannte jeden Baum der Früchte trägt, das ganze Jahr über hatte er für sich, und vor allen Dingen für die anderen im Dorf für Essen gesorgt und sich damit recht beliebt gemacht.
Eines Nachts, es war eine der Vollmondnächte in Nordthailand, die keinen Menschen und keinen Hund ja nicht mal eine Katze veranlasste auch nur die Nasenspitze aus den Palmwedelhütten zu wagen, lief er etwas tiefer in den Dschungel. Ein seltsames Geräusch, ja fast ein Gesang hatte ihn neugierig gemacht. Es klang von der Ferne wie das klagen einer jungen Raubkatze. Er konnte nicht feststellen, um was oder wen es sich handelt, und lief eilig den Weg hinab zum Wasserfall.
Das geheimnisvolle Geräusch war jetzt ganz verschwunden und er hörte nur das Rauschen des Wassers, das aus einer Höhe von 50 Meter aus einer bemoosten Felswand hinab in den kleinen See stürzte. Hier hatte er schon oft seine Kleider auf den Boden geworfen und war so, wie ihn die Natur geschaffen hatte, ins erfrischende Wasser gestürzt, einige Runden geschwommen, hier in diesem kleinen dunklen See, hatte er auch seine Männlichkeit entdeckt und er war dankbar gewesen, dass ihm dabei niemals jemand zugeschaut hatte?
Wie in der vergangenen Zeit warf er seine Hose auf den Boden und sprach in den See. Das kalte Wasser tat ihm und seiner trockenen, sonnengebräunten Haut gut, ein wohliger Schauer, ein Jauchzen aus seinem Mund, ließ seine Gefühle erkennen, das Wasser dampfte an manchen Stellen und zog nach oben in die Nacht, den Himmel hinauf ja fast bis zum Mond, hätte man meinen können. Heute war Tamon besonders neugierig, er tauchte unter in das dunkle Wasser und schwamm in Richtung der Stelle, wo der Wasserfall mit seiner ganzen Wucht und Kraft auf den See aufschlug. Tausende und abertausende Wasserperlen unter der Oberfläche machten das Kräftespiel der Natur mit Hilfe des Mondlichtes zu einem grandiosen Schauspiel. "Jetzt musste es sein" dachte Tamon, schloss seine Augen und tauchte mit kräftigen Schwimmbewegungen mitten in die Wasserperlen hinein und schwamm hindurch.
Nach zwei, drei Metern spürte er plötzlich Stein unter seinen Füßen und öffnete seine Augen. Das erste mal in seinem Leben sah er nun den Wasserfall von der anderen Seite. Vorsichtig tastete er mit den Füßen den klitschigen Boden ab und stellte fest, es musste eine Treppen sein, die vielleicht seit hunderten von Jahren niemand mehr betreten und benützt hatte. Kein Mondlicht war hier zu sehen und trotzdem konnte er fast alles schemenhaft erkennen. Was war das nur, dachte er. Er überlegte ernsthaft, ob er nicht zurück schwimmen sollte, doch die Neugier trieb ihn dazu an, die Treppen weiter nach oben zu laufen. Langsam und bedächtig tastete er sich die Stufen hinauf, zum festhalten fand er keinen Halt.
Oben angekommen, es roch nach Pilzen und Moder, sah er ein Leuchten in der Ferne, ein flackerndes Licht, einen gelblichen Schimmer der ihn noch neugieriger machte als jemals zuvor. Von Angst keine Spur, lief er in Richtung des Lichtscheins, es war Regenwald durch den er lief und die Bäume zur rechten und linken waren so hoch, sodass er deren Gipfel weder sehen noch erahnen konnte. Es war sehr still geworden und plötzlich glaubte er wieder den geheimnisvollen Gesang, das Jammern des Raubtierkindes zu hören. Je näher er zu dem Licht kam, je klarer wurde das Geräusch, "mögen hier die Geister wohnen, hier der Platz sein an dem jeder seinen Frieden nach dem Tod finden würde oder war alles nur ein Traum", dachte er.
Ein Ast peitschte ihm ins Gesicht und die Idee seines Traumes zerfloss in der Realität. Wenn hier Licht zu sehen ist, wenn hier Gesang zu hören ist, dann kann das nicht das Ende der Welt, das Ende des Lebens sein. Hier mussten Menschen wohnen aus Fleisch und Blut, so wie er einer war.
Tamon wusste nicht wie lange er lief, das Geheimnis um das Licht und den Gesang hatten seine Wahrnehmungen völlig durcheinander gebracht, bis er an einen kleinen Hügel kam. Als er den Hügel erklommen, traute er seinen Augen nicht. Er sah mehrere Häuser, in einem Kreis aufgebaut. In der Mitte davon, leuchtete eins besonders hell. Von dort kam auch das Geräusch, der Gesang erinnerte ihn an ein Kinderlied aus seiner Jugendzeit, nur die Sprache verstand er nicht. Es mussten seiner Meinung nach Mädchen oder sehr junge Frauen sein, die im Chor gemeinsam, ein ihm völlig unbekanntes Lied sangen. Es war von so unglaublicher Reinheit, klar und wunderschön anzuhören, auf Tamons Rücken bildete sich Gänsehaut. Er ließ sich auf den Boden fallen und merkte jetzt erst, das er völlig nackt war, seine Hose lag einsam auf dem nassen Boden vor dem Wasserfall. Zu spät, irgendwie musste er seine Blöße bedecken. Tamon schaute sich um, es war noch zu dunkel, seine Gedanken verloren, mächtigen Durst hatte er auch, was sollte er nur tun?
Tamon wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als er aufwachte und das Tageslicht seine Augen blendete. Langsam öffnete er erst sein linkes Auge und erblickte eine Schüssel aus braunem Ton in der Blumen schwammen. Irgend jemand musste sie in diese Schale gelegt haben. Er schloss das linke Auge und öffnete das rechte, ganz langsam und vorsichtig. Mit dem rechten Auge erblickte er eine Wand aus Bambusstangen, an dem eine silberne Kette hing und leise im Wind vor sich hin klimperte. Ganz leise, so wie Silberketten klimpern die an einer Bambuswand hängen und vom Wind gestreichelt werden. Plötzlich hörte er Stimmen und schloss das geöffnete Auge. Er verstand nicht, was die Stimmen sprachen, aber es mussten weibliche Stimmen sein. Ein bisschen thailändisch konnte er erkennen, aber der Rest!
Wer in aller Welt kitzelte da an seinem Fuß?
"Wer seit ihr" fragte er die beiden Frauen, die sich köstlich über seine Nacktheit amüsierten. "Mein Name ist Aan sagte die eine", in einem thailändischen Akzent den er verstehen konnte. Die andere kitzelte weiter an seinen Füßen und lachte still vor sich hin. Er hob die Hände vor seinen Schoß und beugte sich von dem Lager auf. Hier also hatten sie ihn gebracht, getragen? Und die ganze Zeit hatte er geschlafen und von alledem nichts bemerkt. Auf jeden Fall waren sie nicht aggressiv gestimmt oder gar unfreundlich, im Gegenteil.
Tamon wurde freundlich aufgenommen, sie gaben ihm Mittags frische Mangos mit Klebereis zu essen, wuschen ihn und tänzelten neugierig um sein Lager herum, allesamt recht vergnügt. Was sind das nur für Menschen, dachte er. Keine von ihnen machte ein böses Gesicht, keine schimpfte ihn einen Faulenzer oder Taugenichts. Zu der Zeit als die Sonne wieder unterging, setzten sie sich alle gemeinsam an einen großen Stein auf dem die Frauen ein kleines Feuer angesteckt und Fleisch brieten. Jetzt erfuhr er auch, dass in diesem Dorf nur Frauen leben würden und kein einziger Mann bisher hierher gefunden hätte. Aan erzählte ihm, dass das Dorf hier den Namen der "Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit" tragen würde. Bis jetzt hätten nur Frauen in das Dorf gefunden, er wäre der erste Mann dem dieses Glück zu Teil geworden sei. Es war also etwas besonderes hier zu sein und Tamon begann sich langsam richtig wohl zufühlen. Seine Gedanken beschäftigten sich in den Nächten damit, dass er, vielleicht hier eine Frau fürs Leben finden würde. "Ja klar, wenn nicht hier wo dann" dachte er und schlief ein.
So vergingen die Tage, die Wochen, die Monate, bis die Frauen eines Tages eine junge hübsche Frau an sein Lager schleppten, ja ziehend und zedernd bemühten sie sich die "Auserwählte" in die Nähe seiner Unterkunft zu bringen und zum sitzen zu zwingen. Sie lächelte leicht errötet im Gesicht und Aan sprach zu Tamon "das ist Namo, möchtest du sie zur Frau nehmen, heiraten und willst du ihr Kinder schenken, eine Familie gründen"?
Tamon dachte sich, "sie Namo, sieht sehr hübsch aus, vielleicht ein wenig zu dick, aber das könnte man schon irgendwie einrichten". So einigten sie sich und berieten gemeinsam, wann der Termin für die Hochzeit stattfinden sollte. Tamon war begeistert von Namo, doch er bekam sie nicht mehr zu sehen, bis zu jenem Tag an dem die Hochzeit stattfinden sollte. Die Frauen hatten alles vorbereitet, überall lagen frische Blumenkränze, wie es bei siamesischen Hochzeiten üblich ist, und warteten darauf von der Braut getragen zu werden. Es duftete in allen Ecken nach Klebereis und Gewürzen von so starker Intensität, dass er ganz benommen davon wurde. Tamon wunderte sich auch, wo die vielen Blüten für die Gestecke herkamen, er hatte hier in diesem Dorf noch nie eine Blume gesehen. "Merkwürdig" dachte er und begann Aan zu fragen.
"Wo habt ihr diese Blumen her" "Wir holen sie aus der Welt der Unehrlichkeit, aus dieser Welt aus der auch du zu uns gekommen bist Tamon". "Hier nimm diese Hose, wir haben sie am Wasserfall auf der anderen Seite gefunden und dachten du möchtest sie wiederhaben"? Und bitte frage nicht mehr, ich kann dir keine Antwort geben".
Tamon war froh, seine alte Hose wiederzuhaben und er beschloss, sie zur Hochzeitsfeier mit Namo, anzuziehen.
Ende 1.Teil
wird fortgesetzt.
Gruß Jakraphong