B
Bakwahn
Gast
Ein paar Gedanken über Thailand.
Von einem Farlang aus Deutschland.
[[[Anmerkung:
Ich habe diesen Text so kurz gehalten wie nur irgend möglich, da ich ihn von meinen Thaifreunden ins Thailändische übersetzen ließ. Bei der Abfassung dieses Textes musste ich also den thailändischen Rezipienten – sei es Schüler, Student oder der Bahn- oder Busreisende, der neben mir sitzt – im Auge haben. Thais lieben es kurz und bündig.]]]
So, here weg go:
Auf meinen Reisen durch Thailand werde ich von Schülern und Studenten immer wieder angesprochen und in ein Gespräch verwickelt. Oftmals legen sie mir einen Fragebogen vor; sie wollen vom Farlang wissen, wo er überall gewesen ist, was er sich angesehen hat und welchen Eindruck er überhaupt von Land und Leuten gewonnen hat.
Ich versuche hier eine allgemeine Einschätzung der aktuellen Situation Thailands, so wie ich sie als deutscher Farlang jetzt im Jahre 2003/4 (2546/7) sehe.
1. Thailand wird in der westlichen Welt immer noch als ein sogenanntes Entwicklungsland wahrgenommen, als ein exotisches Königreich. In den USA und in den westeuropäischen Ländern hält sich das hartnäckige Vorurteil, es handle sich im Fall Thailands um ein zwar exotisches und reizvolles aber im Grunde doch hoffnungsloses Land der Dritten Welt.
2. Ich komme zu einem anderen Urteil. Ich kenne Thailand aus vielen Besuchen; ich habe das Land vom Norden bis zum Süden bereist. Alle wirtschaftlich wichtigen Fakten und Zahlen zeigen, daß Thailand bereits zu einem Schwellenland mutiert ist. Es ist eine junge aufstrebende Industrienation, die in etlichen Bereichen bereits gleichwertiger Partner und ernst zunehmender Konkurrent der großen Industriestaaten geworden ist, also auch zu Deutschland.
3. Die moderne Zeit ist in Thailand fast überall anzutreffen. Bangkok ist eine moderne Metropole mit unzähligen Wolkenkratzern, Bürohochhäusern und Luxushotels. Auf den Strassen sind Tausende von teuren Luxuslimousinen zu bewundern. Seit ein paar Jahren ist die Hochbahn fertiggestellt, die eine wesentliche Verbesserung der städtischen Verkehrsinfrastruktur mit sich brachte; an ihrer Erweiterung wird zur Zeit gearbeitet, und auch eine U-Bahn befindet sich im Bau.
4. Auch in den Provinzstädten pulsiert der Verkehr: LKWs, Busse, Autos, Motorräder und Tuk-Tuks verstopfen die Strassen. Es gibt Internetcafes und man sieht jede Menge Menschen mit Handys.
5. In den Dörfern des Isaans knattern nicht nur Mopeds und schwere Motorräder, sondern auch Autos und Pickups sind zu sehen. In fast jedem Haus läuft ein Farbfernseher. Thailändische Kinder, die heute die Grundschule in irgendeinem Reisbauerndorf besuchen, wachsen so wie ihre westlichen Altersgenossen in die Welt des Internets, der Handys und Designer-Klamotten hinein.
6. Thailand verfügt über eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur. 4 Eisenbahnlinien führen von Bangkok aus in den Norden des Landes, in den Nordosten und Osten, sowie in den Süden. Die meisten größeren Provinzstädte verfügen über einen Flughafen. Gut ausgebaute Fernstraßen führen von Bangkok aus in alle Landesteile. Fast jeder Ort ist mit komfortablen Reisebussen zu erreichen.
7. In jeder größeren Provinzstadt gibt es Supermärkte und Warenhäuser, die den Vergleich zu deutschen Verbrauchermärkten in jeder Hinsicht standhalten. Dort gibt es für den modernen Haushalt alles, was das Herz begehrt: Kühlschränke, Waschmaschinen, Fernseher, CD- und DVD-Player, Schuhe, Kleidung, Lebensmittel, Waschmittel, Kosmetika. Es mangelt an nichts.
8. Die thailändische Wirtschaft hat in den letzten 20 Jahren ein Wachstum hinter sich gebracht, von dem westliche Industrienationen wie z.B. Deutschland nur träumen können. Die neue Generation thailändischer Manager und Unternehmer hat ihre Ausbildung an den Universitäten und in Firmen der USA und Westeuropas gemacht.
Thailand produziert in der Tiefebene des Chayo Prayas nicht nur den wahrscheinlich besten Reis der Welt und nicht nur Textilien für die Weltmärkte, sondern es hat sich in den letzten Jahren auch zu einem Produzenten hochwertiger Elektronikkomponenten, Microchips und elektronischer Bauteile entwickelt, besonders auf dem Gebiet der Computerindustrie.
Dasselbe gilt für die sehr erfolgreiche Automobilzulieferindustrie im Lande. Entscheidend ist dabei nicht die Stückzahl im Vergleich zu den führenden westlichen Industriestaaten, sondern es zählt, daß es dazu fähig ist, und daß es auf allen Gebieten expandiert.
Heute ist Thailand im Bereich von Nahrungsmittelkonserven, Ananas und Thunfisch, Edelsteinen, Textilien und Kunststoffprodukten in die Reihen der weltweit führenden Exportnationen aufgestiegen.
9. Im Südosten Thailands in der Gegend um Chonburi und Laem Chabang sind inzwischen zwei grosse, moderne Industriezentren entstanden, in denen sich viele Unternehmen der Petrochemie, Stahlverarbeitung und Elektronik angesiedelt haben.
10. Aber gleichzeitig entstanden durch die fortschreitende Industrialisierung und den Ausbau entsprechender Infrastruktur auch erhebliche Probleme durch Umweltverschmutzung, rücksichtslosen Resourcenverbrauch, explodierenden Verkehr und Abwanderungen von Menschen in die Metropolen (hauptsächlich nach Bangkok), was zu einer Verstärkung des Gefälles zwischen strukturschwachen ländlichen Gebieten und den Städten führte.
11. Durch die rasante wirtschaftliche Entwicklung kommt es zu gesellschaftlichen Verwerfungen und Spannungen. Die sehr schnelle Entwicklung von einer ländlich strukturierten Agrargesellschaft hin zu einer ausdifferenzierten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft führt zu Problemen, die die Thais erst noch lösen müssen.
Thailand ist in einem rapiden Wandel begriffen, der viele Thais schwindlig werden läßt.
© Charly
Von einem Farlang aus Deutschland.
[[[Anmerkung:
Ich habe diesen Text so kurz gehalten wie nur irgend möglich, da ich ihn von meinen Thaifreunden ins Thailändische übersetzen ließ. Bei der Abfassung dieses Textes musste ich also den thailändischen Rezipienten – sei es Schüler, Student oder der Bahn- oder Busreisende, der neben mir sitzt – im Auge haben. Thais lieben es kurz und bündig.]]]
So, here weg go:
Auf meinen Reisen durch Thailand werde ich von Schülern und Studenten immer wieder angesprochen und in ein Gespräch verwickelt. Oftmals legen sie mir einen Fragebogen vor; sie wollen vom Farlang wissen, wo er überall gewesen ist, was er sich angesehen hat und welchen Eindruck er überhaupt von Land und Leuten gewonnen hat.
Ich versuche hier eine allgemeine Einschätzung der aktuellen Situation Thailands, so wie ich sie als deutscher Farlang jetzt im Jahre 2003/4 (2546/7) sehe.
1. Thailand wird in der westlichen Welt immer noch als ein sogenanntes Entwicklungsland wahrgenommen, als ein exotisches Königreich. In den USA und in den westeuropäischen Ländern hält sich das hartnäckige Vorurteil, es handle sich im Fall Thailands um ein zwar exotisches und reizvolles aber im Grunde doch hoffnungsloses Land der Dritten Welt.
2. Ich komme zu einem anderen Urteil. Ich kenne Thailand aus vielen Besuchen; ich habe das Land vom Norden bis zum Süden bereist. Alle wirtschaftlich wichtigen Fakten und Zahlen zeigen, daß Thailand bereits zu einem Schwellenland mutiert ist. Es ist eine junge aufstrebende Industrienation, die in etlichen Bereichen bereits gleichwertiger Partner und ernst zunehmender Konkurrent der großen Industriestaaten geworden ist, also auch zu Deutschland.
3. Die moderne Zeit ist in Thailand fast überall anzutreffen. Bangkok ist eine moderne Metropole mit unzähligen Wolkenkratzern, Bürohochhäusern und Luxushotels. Auf den Strassen sind Tausende von teuren Luxuslimousinen zu bewundern. Seit ein paar Jahren ist die Hochbahn fertiggestellt, die eine wesentliche Verbesserung der städtischen Verkehrsinfrastruktur mit sich brachte; an ihrer Erweiterung wird zur Zeit gearbeitet, und auch eine U-Bahn befindet sich im Bau.
4. Auch in den Provinzstädten pulsiert der Verkehr: LKWs, Busse, Autos, Motorräder und Tuk-Tuks verstopfen die Strassen. Es gibt Internetcafes und man sieht jede Menge Menschen mit Handys.
5. In den Dörfern des Isaans knattern nicht nur Mopeds und schwere Motorräder, sondern auch Autos und Pickups sind zu sehen. In fast jedem Haus läuft ein Farbfernseher. Thailändische Kinder, die heute die Grundschule in irgendeinem Reisbauerndorf besuchen, wachsen so wie ihre westlichen Altersgenossen in die Welt des Internets, der Handys und Designer-Klamotten hinein.
6. Thailand verfügt über eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur. 4 Eisenbahnlinien führen von Bangkok aus in den Norden des Landes, in den Nordosten und Osten, sowie in den Süden. Die meisten größeren Provinzstädte verfügen über einen Flughafen. Gut ausgebaute Fernstraßen führen von Bangkok aus in alle Landesteile. Fast jeder Ort ist mit komfortablen Reisebussen zu erreichen.
7. In jeder größeren Provinzstadt gibt es Supermärkte und Warenhäuser, die den Vergleich zu deutschen Verbrauchermärkten in jeder Hinsicht standhalten. Dort gibt es für den modernen Haushalt alles, was das Herz begehrt: Kühlschränke, Waschmaschinen, Fernseher, CD- und DVD-Player, Schuhe, Kleidung, Lebensmittel, Waschmittel, Kosmetika. Es mangelt an nichts.
8. Die thailändische Wirtschaft hat in den letzten 20 Jahren ein Wachstum hinter sich gebracht, von dem westliche Industrienationen wie z.B. Deutschland nur träumen können. Die neue Generation thailändischer Manager und Unternehmer hat ihre Ausbildung an den Universitäten und in Firmen der USA und Westeuropas gemacht.
Thailand produziert in der Tiefebene des Chayo Prayas nicht nur den wahrscheinlich besten Reis der Welt und nicht nur Textilien für die Weltmärkte, sondern es hat sich in den letzten Jahren auch zu einem Produzenten hochwertiger Elektronikkomponenten, Microchips und elektronischer Bauteile entwickelt, besonders auf dem Gebiet der Computerindustrie.
Dasselbe gilt für die sehr erfolgreiche Automobilzulieferindustrie im Lande. Entscheidend ist dabei nicht die Stückzahl im Vergleich zu den führenden westlichen Industriestaaten, sondern es zählt, daß es dazu fähig ist, und daß es auf allen Gebieten expandiert.
Heute ist Thailand im Bereich von Nahrungsmittelkonserven, Ananas und Thunfisch, Edelsteinen, Textilien und Kunststoffprodukten in die Reihen der weltweit führenden Exportnationen aufgestiegen.
9. Im Südosten Thailands in der Gegend um Chonburi und Laem Chabang sind inzwischen zwei grosse, moderne Industriezentren entstanden, in denen sich viele Unternehmen der Petrochemie, Stahlverarbeitung und Elektronik angesiedelt haben.
10. Aber gleichzeitig entstanden durch die fortschreitende Industrialisierung und den Ausbau entsprechender Infrastruktur auch erhebliche Probleme durch Umweltverschmutzung, rücksichtslosen Resourcenverbrauch, explodierenden Verkehr und Abwanderungen von Menschen in die Metropolen (hauptsächlich nach Bangkok), was zu einer Verstärkung des Gefälles zwischen strukturschwachen ländlichen Gebieten und den Städten führte.
11. Durch die rasante wirtschaftliche Entwicklung kommt es zu gesellschaftlichen Verwerfungen und Spannungen. Die sehr schnelle Entwicklung von einer ländlich strukturierten Agrargesellschaft hin zu einer ausdifferenzierten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft führt zu Problemen, die die Thais erst noch lösen müssen.
Thailand ist in einem rapiden Wandel begriffen, der viele Thais schwindlig werden läßt.
© Charly