C
Claus
Gast
Zukunft für Straßenkinder von Mae Sai
Die 24-Jährige will sich weiterhin engagieren: ´Wir haben so viel, die so wenig. Wenn man nur ein bisschen was tut, kann man mit wenig Geld viele Schritte tun´
BIETIGHEIM-BISSINGEN. In Asien war Verena Schmidt schon öfters. ´Man sieht unglaublich viel Armut, aber als Tourist nimmt man das irgendwann nicht mehr wahr. ´ Die Bissingerin, die in München Pädagogik und Psychologie studiert, wollte ´einfach einmal längere Zeit an einem Ort bleiben und konkret etwas helfen.´ Sie arbeitete nun zwei Monate in einem Projekt für Straßenkinder im ´Goldenen Dreieck´ in Thailand.
FRANK WITTMER - Über das Projekt ´Eine Zukunft für Straßenkinder´ sei sie bei einer Recherche im Internet gestolpert. In Kornwestheim hat sich ein Verein gegründet, der versucht, Straßenkindern in Thailand eine Zukunftsperspektive zu bieten. Von Deutschland aus wird vor allemmit Geld und Sachspenden geholfen.Verena Schmidt, die sich in ihrem Pädagogikstudium mit den Problemen von Straßenkindern beschäftigt, wollte mehr tun: Sie arbeitete in dem Projekt mit, das 45 Kindern eine Heimat bietet. ´Ich war zunächst erschrocken über die Armut in Burma und Thailand´, sagt die 24-Jährige. ´Die Kinder wachsen auf der Straße auf, Misshandlungen, sexueller Missbrauch, Kriminalität und Drogen sind an der Tagesordnung.´ In Thailand sei der Anbau von Drogen verboten, dafür würden aber im Nachbarland Burma um so mehr Opium und Aufputschmittel (Amphetamine) hergestellt. Die Drogen werden über die offene Grenze von Burma geschmuggelt. ´Das machen vor allem die Kinder, die an der Grenzbrücke herumlungern´, hat Verena Schmidt beobachtet. Die Straßenkinder sind meist selbst drogenabhängig. ´Alkohol und Klebstoff-Schnüffeln sind ein Riesenproblem.´ Eine andere Perspektive gebe es kaum: ´Die Kinder gehören zum Stamm der Akha. Die Akha sind eine Minderheit in Burma und Thailand. Die Akha haben keine Papiere, das heißt, sie sind rechtlos und bekommen keine Arbeit. Sie kennen sich aber gut in den Bergen im Grenzland aus, deshalb bleibt ihnen nur der Schmuggel.´ Es gebe kaum eine Möglichkeit für die Akha, aus dem Kreislauf von Armut, Drogenschmuggel und Kriminalität auszubrechen. Heimat, Essen, Bildung Eine Möglichkeit schafft der ehemalige Kunststudent Ngaow in der thailändischen Grenzstadt Mae Sai: Er nimmt die heimatlosen Kinder in das Projekt ´Zukunft für Straßenkinder´ auf. In dem Heim bietet das bunt zusammengewürfelte Team aus internationalen und einheimischen ehrenamtlichen Helfern den Kindern ein sicheres Zuhause, regelmäßiges Essen und etwas Bildung. ´Das läuft alles ganz zwanglos ab´, hat Verena Schmidt erfahren. Man kann die Kinder nicht von der Straße holen und gleich in ein System pressen.´ Alles sei freiwillig, die Kinder können kommen und gehen, wie sie wollen. Mit Händen und Füßen Der Tagesablauf ist einfach: spielen, baden, fischen, tanzen und zusammen kochen: ´Morgens Reis, Mittags Reis, Abends Reis, sehr viel Knoblauch und Chili. Ich hab dann Spaghetti als deutsche Spezialität verkauft.´ Die 24-jährige Studentin hat den Vier- bis Fünfzehnjährigen täglich etwas Englisch beigebracht. ´Die Verständigung war natürlich ein Problem, ich kann ein klein wenig Thai, aber die Akha haben ihre eigene Sprache.´ Mit Händen und Füßen und einigen aufgeschnappten Worten klappte die Verständigung. Das weitere war leicht: ´Die Kinder sind unglaublich dankbar, wenn sie etwas Liebe und Aufmerksamkeit bekommen.´ Eine Attraktion war die blauäugige und blonde Deutsche ohnehin: ´Ich war die Frisierpuppe, die haben mir ununterbrochen Zöpfe geflochten.´ Die Fröhlichkeit zerbrach aber schnell: ´Die Trauer der Kinder kommt immer wieder durch.´ Da ist das 13-jährige Mädchen Mitschu. ´Der Vater wollte sie an ein Bordell verkaufen, damit er sich einen Fernseher leisten kann.´ Schließlich habe sie der Vater doch mitgenommen, damit sie in Bangkok ´Blumen verkauft´. Mitschu habe zwar noch regelmäßig angerufen, aber niemand wisse genau, was aus ihr geworden ist. Da ist der neunjährige Junge Jallo, der an einem Wochenende 40 Kilometer gelaufen ist, um zu Hause zu erfahren, dass seine Eltern tot sind. ´Man hat ihm nicht viel angemerkt, als er zu uns zurückkam´, erzählt Verena Schmidt. ´Morde und Hinrichtungen sind in Burma leider üblich, auch wenn es offiziell nie zugegeben wird.´ Es sind zu viele Kinder, die geschlagen, sexuell missbraucht werden oder ganz ohne Eltern auf der Straße aufwachsen. ´Amphetamine putschen auf, machen high´, erklärt die von uns befragte Bietigheimer Sportmedizinerin Dr. Tanja Engels die Auswirkungen des Drogenkonsums. ´Die Drogen helfen den Kindern möglicherweise, ihr Elend zunächst zu ertragen und machen sie gefügig für den sexuellen Missbrauch.´ Ohne Hilfe heißt die Zukunft der Kinder daher leider allzu oft: Für die Mädchen das Bordell, für die Jungen der Drogenschmuggel. Oder: Betteln. Das Haus ist voll Das Projekt ´Zukunft für Straßenkinder´ versucht Abhilfe zu schaffen. ´Das Haus ist aber bereits übervoll. Wir träumen von einem größeren Haus mit Land, wo die Kinder lernen können, Reis anzubauen und zu fischen.´ Verena Schmidt und der Kornwestheimer Verein hoffen auf Spenden. Langfristig sollen die Straßenkinder eine öffentliche Schule besuchen, damit sie später ihren Lebensunterhalt verdienen können. ´Dazu brauchen sie aber erst einmal Papiere, und die sind sehr, sehr teuer in Thailand.´ Wieder zu Hause in Bissingen, muss Verena Schmidt erst einmal jobben, ´um das Geld für die Reise wieder herein zu bekommen´. Sie möchte sich weiter für die Straßenkinder in Thailand einsetzen: ´Es war eine sehr eindrucksvolle Erfahrung. Die Liebe der Kinder hat mich bewegt. Es ist ein riesiges Gefälle zischen hier und dort. Mir wird erst bewusst, was ich wirklich brauche, und was nicht. Wir haben so viel, die so wenig. Wenn man nur ein bisschen was tut, kann man mit wenig Geld viele Schritte tun.´ Der Kornwestheimer Verein ´Kinderleben - Eine Zukunft für Straßenkinder in Mae Sai´ im Internet: http://www.kinderleben.org, oder: Bernd Fiedler, Telefon (0 71 54) 18 70 15.
Quelle: Bietigheimer Zeitung
Die 24-Jährige will sich weiterhin engagieren: ´Wir haben so viel, die so wenig. Wenn man nur ein bisschen was tut, kann man mit wenig Geld viele Schritte tun´
BIETIGHEIM-BISSINGEN. In Asien war Verena Schmidt schon öfters. ´Man sieht unglaublich viel Armut, aber als Tourist nimmt man das irgendwann nicht mehr wahr. ´ Die Bissingerin, die in München Pädagogik und Psychologie studiert, wollte ´einfach einmal längere Zeit an einem Ort bleiben und konkret etwas helfen.´ Sie arbeitete nun zwei Monate in einem Projekt für Straßenkinder im ´Goldenen Dreieck´ in Thailand.
FRANK WITTMER - Über das Projekt ´Eine Zukunft für Straßenkinder´ sei sie bei einer Recherche im Internet gestolpert. In Kornwestheim hat sich ein Verein gegründet, der versucht, Straßenkindern in Thailand eine Zukunftsperspektive zu bieten. Von Deutschland aus wird vor allemmit Geld und Sachspenden geholfen.Verena Schmidt, die sich in ihrem Pädagogikstudium mit den Problemen von Straßenkindern beschäftigt, wollte mehr tun: Sie arbeitete in dem Projekt mit, das 45 Kindern eine Heimat bietet. ´Ich war zunächst erschrocken über die Armut in Burma und Thailand´, sagt die 24-Jährige. ´Die Kinder wachsen auf der Straße auf, Misshandlungen, sexueller Missbrauch, Kriminalität und Drogen sind an der Tagesordnung.´ In Thailand sei der Anbau von Drogen verboten, dafür würden aber im Nachbarland Burma um so mehr Opium und Aufputschmittel (Amphetamine) hergestellt. Die Drogen werden über die offene Grenze von Burma geschmuggelt. ´Das machen vor allem die Kinder, die an der Grenzbrücke herumlungern´, hat Verena Schmidt beobachtet. Die Straßenkinder sind meist selbst drogenabhängig. ´Alkohol und Klebstoff-Schnüffeln sind ein Riesenproblem.´ Eine andere Perspektive gebe es kaum: ´Die Kinder gehören zum Stamm der Akha. Die Akha sind eine Minderheit in Burma und Thailand. Die Akha haben keine Papiere, das heißt, sie sind rechtlos und bekommen keine Arbeit. Sie kennen sich aber gut in den Bergen im Grenzland aus, deshalb bleibt ihnen nur der Schmuggel.´ Es gebe kaum eine Möglichkeit für die Akha, aus dem Kreislauf von Armut, Drogenschmuggel und Kriminalität auszubrechen. Heimat, Essen, Bildung Eine Möglichkeit schafft der ehemalige Kunststudent Ngaow in der thailändischen Grenzstadt Mae Sai: Er nimmt die heimatlosen Kinder in das Projekt ´Zukunft für Straßenkinder´ auf. In dem Heim bietet das bunt zusammengewürfelte Team aus internationalen und einheimischen ehrenamtlichen Helfern den Kindern ein sicheres Zuhause, regelmäßiges Essen und etwas Bildung. ´Das läuft alles ganz zwanglos ab´, hat Verena Schmidt erfahren. Man kann die Kinder nicht von der Straße holen und gleich in ein System pressen.´ Alles sei freiwillig, die Kinder können kommen und gehen, wie sie wollen. Mit Händen und Füßen Der Tagesablauf ist einfach: spielen, baden, fischen, tanzen und zusammen kochen: ´Morgens Reis, Mittags Reis, Abends Reis, sehr viel Knoblauch und Chili. Ich hab dann Spaghetti als deutsche Spezialität verkauft.´ Die 24-jährige Studentin hat den Vier- bis Fünfzehnjährigen täglich etwas Englisch beigebracht. ´Die Verständigung war natürlich ein Problem, ich kann ein klein wenig Thai, aber die Akha haben ihre eigene Sprache.´ Mit Händen und Füßen und einigen aufgeschnappten Worten klappte die Verständigung. Das weitere war leicht: ´Die Kinder sind unglaublich dankbar, wenn sie etwas Liebe und Aufmerksamkeit bekommen.´ Eine Attraktion war die blauäugige und blonde Deutsche ohnehin: ´Ich war die Frisierpuppe, die haben mir ununterbrochen Zöpfe geflochten.´ Die Fröhlichkeit zerbrach aber schnell: ´Die Trauer der Kinder kommt immer wieder durch.´ Da ist das 13-jährige Mädchen Mitschu. ´Der Vater wollte sie an ein Bordell verkaufen, damit er sich einen Fernseher leisten kann.´ Schließlich habe sie der Vater doch mitgenommen, damit sie in Bangkok ´Blumen verkauft´. Mitschu habe zwar noch regelmäßig angerufen, aber niemand wisse genau, was aus ihr geworden ist. Da ist der neunjährige Junge Jallo, der an einem Wochenende 40 Kilometer gelaufen ist, um zu Hause zu erfahren, dass seine Eltern tot sind. ´Man hat ihm nicht viel angemerkt, als er zu uns zurückkam´, erzählt Verena Schmidt. ´Morde und Hinrichtungen sind in Burma leider üblich, auch wenn es offiziell nie zugegeben wird.´ Es sind zu viele Kinder, die geschlagen, sexuell missbraucht werden oder ganz ohne Eltern auf der Straße aufwachsen. ´Amphetamine putschen auf, machen high´, erklärt die von uns befragte Bietigheimer Sportmedizinerin Dr. Tanja Engels die Auswirkungen des Drogenkonsums. ´Die Drogen helfen den Kindern möglicherweise, ihr Elend zunächst zu ertragen und machen sie gefügig für den sexuellen Missbrauch.´ Ohne Hilfe heißt die Zukunft der Kinder daher leider allzu oft: Für die Mädchen das Bordell, für die Jungen der Drogenschmuggel. Oder: Betteln. Das Haus ist voll Das Projekt ´Zukunft für Straßenkinder´ versucht Abhilfe zu schaffen. ´Das Haus ist aber bereits übervoll. Wir träumen von einem größeren Haus mit Land, wo die Kinder lernen können, Reis anzubauen und zu fischen.´ Verena Schmidt und der Kornwestheimer Verein hoffen auf Spenden. Langfristig sollen die Straßenkinder eine öffentliche Schule besuchen, damit sie später ihren Lebensunterhalt verdienen können. ´Dazu brauchen sie aber erst einmal Papiere, und die sind sehr, sehr teuer in Thailand.´ Wieder zu Hause in Bissingen, muss Verena Schmidt erst einmal jobben, ´um das Geld für die Reise wieder herein zu bekommen´. Sie möchte sich weiter für die Straßenkinder in Thailand einsetzen: ´Es war eine sehr eindrucksvolle Erfahrung. Die Liebe der Kinder hat mich bewegt. Es ist ein riesiges Gefälle zischen hier und dort. Mir wird erst bewusst, was ich wirklich brauche, und was nicht. Wir haben so viel, die so wenig. Wenn man nur ein bisschen was tut, kann man mit wenig Geld viele Schritte tun.´ Der Kornwestheimer Verein ´Kinderleben - Eine Zukunft für Straßenkinder in Mae Sai´ im Internet: http://www.kinderleben.org, oder: Bernd Fiedler, Telefon (0 71 54) 18 70 15.
Quelle: Bietigheimer Zeitung