K
Kali
Gast
Thailand ist ein wunderschönes Land, zweifelsohne. Während ich vor zwei Jahren im Grunde nur bestrebt war, die Familie meiner zukünftigen Frau kennen zu lernen, habe ich im Dez. ´02 etwas vom Land und den übrigen Bewohnern sehen dürfen. Auch wenn noch vieles fehlt: so steht die ein oder andere Insel noch aus, der Süden mit seiner wohl schönen Landschaft und ebensolchen Menschen, ein Besuch bei dem ein oder anderen Bergvolk – obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich an einer zirkusmässigen Vorführung von Menschen, denen der thailändische Staat wohl immer noch die Integration verweigert, interessiert bin. Ich war auch nicht am Goldenen Dreieck, und selbst nach Bangkok habe ich bisher lediglich einen flüchtigen Blick geworfen.
Doch habe ich einen Blick in den wohl bekanntesten Sündenpfuhl getätigt, habe mich flüchtig auf die Spuren des berühmt-berüchtigten ´Death Railway´ incl. der Brücke am Kwai begeben, habe einen Blick nach Chiang Mai mit seinen sprachlichen Besonderheiten (thai: ao khin arai kha Isaan: ao khin yang kha Chiang Mai: ao khin anyang yau) geworfen, die Ausgrabungen und Artefakte in Ban Chiang bewundert und letzendlich bin ich die 600 Stufen zum Buddha in der ´tham erewan´ hochgekraxelt.
Als Vertreter einer ´überlegenen´ Kultur habe ich vom Schulleiter in Ban Tab Gung ein paar Kunstblumen in Empfang genommen, und einige in Tab Gung werden mich vermissen – besser gesagt, das Essen und den Lao Kao. Suay meinte, sie vermissen uns tatsächlich, zumindest die ersten zwei, drei Wochen, weil etwas im Nachbarschaftsbild fehlt. Doch dann wenden sie sich wieder ihrem Tagesgeschäft zu und wir sind raus aus dem Gedächtnis. Vielleicht als Anekdote bei irgendeinem Besäufnis erscheinen wir dann.
Nun bin ich nicht so vermessen, das Land selbst als Illusion zu bezeichnen. Es ist schon real, dokumentiert durch eine Vielzahl von Photos und in meinem Gedächtnis. Es ist halt ganz anders, dieses Land, und das wird nicht nur durch den Linksverkehr auf den Strassen belegt.
Doch bin ich – wie jedermann weiss – mit einer Thai verheiratet, und diese Beziehung ist auf ihre Art etwas ganz Besonderes. Nämlich das Ergebnis einer rein vernunftsmässigen Überlegung. Und wenn ich geglaubt habe – so im stillen Hinterköpfchen -, es wäre so etwas wie Liebe und Leidenschaft im Spiel, so, wie ich´s mir auch aufgrund meines sozialen Hintergrundes immer vorgestellt hatte – also, mit dieser Trugvorstellung habe ich endgültig aufgeräumt. Mir ist letztendlich klar geworden, dass ich Suay und ihre Art zu leben, nie verstehen werde. Genau so wenig, wie ich erklären könnte, wie ein Nazi denkt und fühlt, genau so wenig könnte ich erklären, wie eine buddhistische Thai denkt und fühlt. Das einzige, das ich kann, ist, mein subjektives Erleben zu schildern, eben davon zu erzählen, wie ich als deutscher Christ denke und fühle.
Meine Frau hat´s mir mal so gesagt: mai lu: yu: ti:nai , mai khai hai baht – ich weiss nicht, wo ich bleiben soll und es ist keiner da, der mir Geld gibt. Den ganzen familären Hintergrund in Thailnd zu schildern würde jetzt zu weit führen. Es ist allerdings Tatsache, dass für sie bei der Überlegung, sich einen Mann zu nehmen, folgende Gründe ausschlaggebend ware: sie hat ein Dach über dem Kopf und braucht sich um das tägliche Essen keine Sorgen mehr zu machen. Ihr Mutter verhungert nicht und einer ihrer Söhne bekommt eine gute Schulausbildung. Sicher gibt es ein paar andere Gründe, warum sie gerade mich ausgeguckt hat. Doch auch dafür hat sie eine Erklärung parat: yu: duay tham dai – es klappt einfach mit uns. (Wenn schon einen phua farang, dann eben Du). Sicherheitsdenken hat oberste Priorität, und wer jetzt meint, das ist bei uns auch nicht anders, so hat er nicht ganz Unrecht. Doch spielt die Ebene, auf der diese Existanzangst abläuft, eben eine ganz andere Rolle.
Noch eine weitere Ilusion, die es wert ist, ins Nirwana einzugehen: Aus Suays Dorf sind eine ganze Reihe Mädels und Frauen im Laufe der Jahre nach Pattaya oder sonstwo gegangen. Kaum eine davon unterstützt ihre Familie, sie haben monetäres Blut gerochen und sind nur noch damit beschäftigt ihre eigenen Ansprüche zu erfüllen. Sie lassen sich zum Teil in dem Dorf gar nicht mehr sehen, es ist nicht mehr ihre Welt.
Und die Vermittlung eines Ehemannes aus dem Westen hat auch in Tab Gung kommerzielle Formen angenommen, an denen meine eigene Schwiegermutter nicht ganz unbeteiligt ist. Über die Schiene Schwägerin hier in Deutschland, einer, der die Einladungen schickt und meine Schwiegermutter, die die Connection herstellt, läuft das Vermittlungsgeschäft. Schwiegermutter erhält für jede Verbindung 1000 THB. Der Einladende hier 2000 – 2500 € - was meine Schwägerin erhält – sie macht nichts umsonst – erfahre ich eines schönen Tages auch noch. Und es werden immer mehr, die in Tab Gung auf dem Sprung stehen. Und die Auswahlkriterien hier werden immer enger gesetzt: die eine ist nicht hübsch genug, die andere zu alt.
Was für mich an Menschenhandel grenzt, findet dort anscheinend jeder in Ordnung. Die, die den Absprung in den Westen geschafft haben, werden nicht nur beneidet, nein, für sie hat das nächste – gute – Leben bereits im Diesseits begonnen. Was allerdings manchmal tatsächlich daraus geworden ist geht zuhause niemanden etwas an.
Diese Erkenntnis, dass meine eigene Beziehung letztendlich ein Produkt rationaler Überlegungen ist, schaffte mich erst schon. Heute sehe ich es allerdings auch als etwas Befreiendes an: ich verschwende keine Energie mehr, dies alles begreifen zu wollen.
Meine Frau singt oft, wenn sie irgendeine Tätigkeit verrichtet. Es ist sicher nicht das Glück, so, wie wir es verstehen, aber sie strahlt eine Menge Zufriedenheit aus. Sie hat´s geschafft, sie hat sich in diesem Leben noch ein Stück Kuchen abschneiden können.
Und ich ? Ich bin´s zufrieden. Sie bereichert mein Leben auf eine Art, wie ich sie noch nie kennengelernt hatte.
herzlichst, Kali
Doch habe ich einen Blick in den wohl bekanntesten Sündenpfuhl getätigt, habe mich flüchtig auf die Spuren des berühmt-berüchtigten ´Death Railway´ incl. der Brücke am Kwai begeben, habe einen Blick nach Chiang Mai mit seinen sprachlichen Besonderheiten (thai: ao khin arai kha Isaan: ao khin yang kha Chiang Mai: ao khin anyang yau) geworfen, die Ausgrabungen und Artefakte in Ban Chiang bewundert und letzendlich bin ich die 600 Stufen zum Buddha in der ´tham erewan´ hochgekraxelt.
Als Vertreter einer ´überlegenen´ Kultur habe ich vom Schulleiter in Ban Tab Gung ein paar Kunstblumen in Empfang genommen, und einige in Tab Gung werden mich vermissen – besser gesagt, das Essen und den Lao Kao. Suay meinte, sie vermissen uns tatsächlich, zumindest die ersten zwei, drei Wochen, weil etwas im Nachbarschaftsbild fehlt. Doch dann wenden sie sich wieder ihrem Tagesgeschäft zu und wir sind raus aus dem Gedächtnis. Vielleicht als Anekdote bei irgendeinem Besäufnis erscheinen wir dann.
Nun bin ich nicht so vermessen, das Land selbst als Illusion zu bezeichnen. Es ist schon real, dokumentiert durch eine Vielzahl von Photos und in meinem Gedächtnis. Es ist halt ganz anders, dieses Land, und das wird nicht nur durch den Linksverkehr auf den Strassen belegt.
Doch bin ich – wie jedermann weiss – mit einer Thai verheiratet, und diese Beziehung ist auf ihre Art etwas ganz Besonderes. Nämlich das Ergebnis einer rein vernunftsmässigen Überlegung. Und wenn ich geglaubt habe – so im stillen Hinterköpfchen -, es wäre so etwas wie Liebe und Leidenschaft im Spiel, so, wie ich´s mir auch aufgrund meines sozialen Hintergrundes immer vorgestellt hatte – also, mit dieser Trugvorstellung habe ich endgültig aufgeräumt. Mir ist letztendlich klar geworden, dass ich Suay und ihre Art zu leben, nie verstehen werde. Genau so wenig, wie ich erklären könnte, wie ein Nazi denkt und fühlt, genau so wenig könnte ich erklären, wie eine buddhistische Thai denkt und fühlt. Das einzige, das ich kann, ist, mein subjektives Erleben zu schildern, eben davon zu erzählen, wie ich als deutscher Christ denke und fühle.
Meine Frau hat´s mir mal so gesagt: mai lu: yu: ti:nai , mai khai hai baht – ich weiss nicht, wo ich bleiben soll und es ist keiner da, der mir Geld gibt. Den ganzen familären Hintergrund in Thailnd zu schildern würde jetzt zu weit führen. Es ist allerdings Tatsache, dass für sie bei der Überlegung, sich einen Mann zu nehmen, folgende Gründe ausschlaggebend ware: sie hat ein Dach über dem Kopf und braucht sich um das tägliche Essen keine Sorgen mehr zu machen. Ihr Mutter verhungert nicht und einer ihrer Söhne bekommt eine gute Schulausbildung. Sicher gibt es ein paar andere Gründe, warum sie gerade mich ausgeguckt hat. Doch auch dafür hat sie eine Erklärung parat: yu: duay tham dai – es klappt einfach mit uns. (Wenn schon einen phua farang, dann eben Du). Sicherheitsdenken hat oberste Priorität, und wer jetzt meint, das ist bei uns auch nicht anders, so hat er nicht ganz Unrecht. Doch spielt die Ebene, auf der diese Existanzangst abläuft, eben eine ganz andere Rolle.
Noch eine weitere Ilusion, die es wert ist, ins Nirwana einzugehen: Aus Suays Dorf sind eine ganze Reihe Mädels und Frauen im Laufe der Jahre nach Pattaya oder sonstwo gegangen. Kaum eine davon unterstützt ihre Familie, sie haben monetäres Blut gerochen und sind nur noch damit beschäftigt ihre eigenen Ansprüche zu erfüllen. Sie lassen sich zum Teil in dem Dorf gar nicht mehr sehen, es ist nicht mehr ihre Welt.
Und die Vermittlung eines Ehemannes aus dem Westen hat auch in Tab Gung kommerzielle Formen angenommen, an denen meine eigene Schwiegermutter nicht ganz unbeteiligt ist. Über die Schiene Schwägerin hier in Deutschland, einer, der die Einladungen schickt und meine Schwiegermutter, die die Connection herstellt, läuft das Vermittlungsgeschäft. Schwiegermutter erhält für jede Verbindung 1000 THB. Der Einladende hier 2000 – 2500 € - was meine Schwägerin erhält – sie macht nichts umsonst – erfahre ich eines schönen Tages auch noch. Und es werden immer mehr, die in Tab Gung auf dem Sprung stehen. Und die Auswahlkriterien hier werden immer enger gesetzt: die eine ist nicht hübsch genug, die andere zu alt.
Was für mich an Menschenhandel grenzt, findet dort anscheinend jeder in Ordnung. Die, die den Absprung in den Westen geschafft haben, werden nicht nur beneidet, nein, für sie hat das nächste – gute – Leben bereits im Diesseits begonnen. Was allerdings manchmal tatsächlich daraus geworden ist geht zuhause niemanden etwas an.
Diese Erkenntnis, dass meine eigene Beziehung letztendlich ein Produkt rationaler Überlegungen ist, schaffte mich erst schon. Heute sehe ich es allerdings auch als etwas Befreiendes an: ich verschwende keine Energie mehr, dies alles begreifen zu wollen.
Meine Frau singt oft, wenn sie irgendeine Tätigkeit verrichtet. Es ist sicher nicht das Glück, so, wie wir es verstehen, aber sie strahlt eine Menge Zufriedenheit aus. Sie hat´s geschafft, sie hat sich in diesem Leben noch ein Stück Kuchen abschneiden können.
Und ich ? Ich bin´s zufrieden. Sie bereichert mein Leben auf eine Art, wie ich sie noch nie kennengelernt hatte.
herzlichst, Kali