JohnBoy" schrieb:
Hallo

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meine Freundin aus Thailand möchte mich kurzfristig in Deutschland besuchen. Für das Besuchsvisa braucht sie gemäß der Website der Deutschen Botschaft einige Unterlagen wie einen Finanzierungsnachweis und ein Einladungsscheiben. Ich hätte dazu einige Fragen:
1. Da ich seit kurzem arbeitslos bin habe ich Schwierigkeiten den Finanzierungsnachweis mangels unzureichendem Arbeitslosengeld von der Kreisbehörde zu bekommen. Kann mir jemand sagen welche finanziellen Mittel sie nachweisen muss um das Visa zu bekommen? Ich denke da an eine Finanzspritze zugunsten ihres Kontos oder ist dies nicht ausreichend?
2. Hat jemand Erfahrung mit dem Nachweis über die Bereitschaft zur Rückkehr der Antragstellerin nach Thailand? Meine Freundin hat weder Kinder, Ehe, Grundbesitz noch einen Job (erst vor kurzem Studium abgeschlossen).
3. Desweiteren würde mich interessieren wie so ein Einladungsschreiben auszusehen hat bzw. was dieses enthalten muss.
4. Zum Thema Krankenversicherung wurde hier ja schon einiges geschrieben, allerdings suche ich noch eine (KV) die auch normale regelmäßige Arztbesuche wie z.B. beim Frauenarzt bezahlt.
Vielen Dank für eure Hilfe.
Lieben Gruß
JohnBoy
Lieber JohnBoy,
offen gesagt die Voraussetzungen unter diesen Umstaenden ein Schengen Visum zu bekommen sind praktisch "Null".
War gestern erst wieder bei der Botschaft und am Schalter 1 (Sonderfaelle) stand ein junger Mann mit seiner Freundin, der ein Visum abgelehnt wurde (viele, viele Faelle). Grund wie praktisch in gut 95% der Faelle: Nicht ausreichende Absicherung des unbedingten Rueckkehrwillens. Diese Beweisstellung liegt AUSCHLIESSLICH auf Seiten des Reisenden und nicht des garantierenden Einlandenden. Selbst wenn dieser eine notarielle Bezeugung ablegt mit "allem Gut und Leben" fuer die Rueckkehr zu garantieren, wuerde dies nichts nuetzen.
Wie sagte der Schalterbeamte so schoen "die Regelarien sind verwaltungsgerichtlich genau festgelegt".
In Deiner Sache haben wir es nun sogar mit Problemen auf beiden Seiten zu tun. KEINE der erfoderlichen Auflagen wird erfuellt. Da Deine Freundin weder eigene Kinder, noch einen in Thailand verbleibenden Ehepartner, noch ueber unbewegbares Eigentum in ihrem Namen (Immobilien), noch ein bereits langfristiges Arbeitseinkommen mit regelmaessigem nachweisbaren Einkommen verfuegt scheidet sie fuer Schengen absolut aus. Da gibt es kein Ruetteln, Klagen, Diskutieren.
Praktisch die einzige noch verbleibende Moeglichkeit waere, wenn z. B. moeglicher Landbesitz der Familie auf ihren Namen uebertragen wuerde, aber hier gibt es dann natuerlich interne Probleme, da dies andere Familienmitglieder (Brueder, Schwester) sicherlich nicht ohne weiteres akzeptieren wuerde.
Weiterhin haetten wir es auch immer noch mit dem Problem auf Deine Seite zu tun. Es ist auch zu bedenken, dass mit Abgabe einer Verpflichtungseerklaerung nicht nur die finanzielle Seite abgesichert wird, sondern vom deutschen Staatbuerger wird praktisch die volle Verantwortung fuer Gast uebernommen. Angenommen, Deine Freundin "verschwindet" auf eimal waehrend Ihres Aufenthalts in Deutschland oder kommt in sonstige Schwierigkeiten, dann werden die Behoerden bei Dir oder wem auch immer Verpflichtenden anklopfen und dann geht es ins richtig Eingemachte.
Obwohl es paradox klingt, aber eine langfristige Aufenthaltgenehmigung (nationales deutsches Visum) ist in vielen Faellen leichter zu erhalten (Heirat mit deutschem Staatsbuerger) als ein Besuchervisum (wortwoertliche Bestaetigung eines Botschafts- beamten). Niemand aber auch niemand kann dafuer garantieren und schon gar nicht ein Visumsagent, dass ein Visum gewaehrt wird. Selbst mit einem Visum im Pass, ausgestellt von einer deutschen Botschaft und/oder Konsulat, garantiert nicht, dass an der Grenze tatsaechlich die Einreise gewaehrt wird. Es besteht kein rechtlicher Anspruch und das letzte ausschliessliche Wort liegt einzig und allein beim Aussenministerium.
Jeden Tag werden Visaantraege, die weitaus bessere Voraussetzungen aufweisen als in Deinem Fall, abgelehnt. Darum leider die frustierende aber sicherliche realistische Aussage, dass die Chancen Deine Freundin auf Schengen Basis nach Deutschland zu bekommen, praktisch Null sind.
Beim gestrigen Antrag waren die Voraussetzungen praktisch ideal (Garantierender in Deutschland hat solide finanzielle Basis und ist Geschaeftsfuehrer einer eigenen Firma), seine Freundin hat Kinder und zwischenzeitlich wurde auch Familiengrundbesitz auf ihren Namen uebertragen, sie ist gerade erst von einem zweimonatigen Aufenthalt in Deutschland zurueckgekommen und somit ist eine neue Reise erst Ende September (Wartepflicht von 90 Tagen) moeglich. Trotz allem wurde natuerlich wieder das bekannte Interview in thailaendischer Sprache gefuehrt und der Antrag wird mit entsprechenden Notizen an die deutchen Entscheidungstraeger weitergegeben. Tauchten bei diesem Interview Unsicherheiten und/oder Ungereimtheiten auf, kann es immer noch zur Ablehnung kommen. Ergebnis bekommen wir am Montag, aber da wird nicht wissen wie nun diese gemachten Notizen lauten (hat die Beamtin wohlweislich mit der Hand gegen meine Blicke abgeschirmt) ist uns das Visum noch lange nicht gewiss. Ein kleiner verbaler Patzer und eine entsprechende Negativnotiz ala Antragsteller(in) hat sich widersprochen und die Sache wird zum Sonderfall am Schalter 1 (Versuch des Rettens was noch zu retten ist).
Schlimmstes Szenario: Die Botschaft lehnt den Antrag ab und macht von ihrem Recht Gebrauch die Gruende nicht darlegen zu muessen. Ein Visum kann in diesem Fall nur noch durch ein Remmissionsverfahren (gerichtlichem Weg) erwirkt werden, wobei die Chancen aber von vornherein Null sind. Was ist passiert: Die Botschaft hat den Eindruck gewonnen, dass beim Interview und/oder der Antragsstellung bewusst falsche Angaben gemacht und/oder gefaeltschte Papiere verwendet wurden. Diese Person ist praktisch nun auf der schwarzen Liste und ein Schengen-Visum ist absolut unerreichbar geworden. Darum sehr, sehr wichtig NIEMALS Informationen zu frisieren, um die Voraussetzungen besser aussehen zu lassen, als sie sind. Kommt es zu dem obengenannten Ablehnung durch die Botschaft ist der Zug abgefahren, fuer ein und fuer allem Mal.
Uebrigens in Anbetracht von leiblichen Kindern als Rueckkehrgrund muss klar rueberkommen, dass Mutter und Kinder in einem gemeinsamen Haushalt leben und die Mutter (Antragsstellerin des Visums) diejenige ist, die tatsaechlich fuer die Kinder sorgt. Sind die Sproesslinge nur irgenwo abgegeben (Grossmutter oder sonstige Familienangehoerige) scheiden sogar die Kinder als Beweis fuer den umbedingten Rueckkehrwillen aus, denn die als naturlich vorausgesetzte starke moralische Mutter/Kind-Beziehung (eine Mutter laesst ihre Kinder nicht im Stich) ist nicht mehr existent.
Ein Interview wird in der Regel wie eine Art Kreuzverhoer gefuehrt, dem viele Antragssteller(innen) nicht gewachsen sind und diese werden durch die scharfen, schnellgestellten Fragen haeufig voellig verwirrt, speziell wenn die Voraussetzungen fuer ein Visum bereits von vornherein auf wackligen Fuessen steht.
Beispielfragen:
- Warum wollen Sie nach Deutschland?
- Wie lange kennen Sie sich schon?
- Wie ist Ihre Beziehung zu einander?
- Beabsichtigen Sie zu heiraten?
- Warum kommt der Einladende fuer den hohen finanziellen Aufwand auf?
- Wo leben Ihre Kinder?
- Wer kuemmert sich in ihrer Abwesenheit um die Kinder?
- Sind Sie haeufiger von Ihren Kindern getrennt?
- Leidet ihre Beziehung nicht darunter, wenn sie mehrere Wochen oder Monate voneinander getrennt sind?
Bedenke, die Fragen werden in schneller Folge in scharfem Ton gestellt, um bewusst moegliche Schwachstellen aufzudecken. Um hier durchzukommen und einen Erfolg zu erzielen, ist gute Vorbereitung und absolut stichhaltige Argumentation unbedingt wesentlich.
Hoffe, dies hilft ein wenig weiter und erspart die ein oder andere moegliche Enttaeuschung, wenn ein mit grosser Hoffnung gestellter Antrag auf einmal aus anscheinend nicht ersichtlichen Gruenden abgelehnt wird.
Viele Gruesse,
Richard