Die heute im Flußdelta um Bangkok bzw. überall dort wo ausreichend Wasser vorhanden ist betriebene Langustenzucht ist ein typisches Beispiel für die bedenkenlose Umweltverschmutzung in Thailand. Vor ein paar Jahren fingen hier einige Bauern an ihre Felder in Teiche umzuwandeln, und statt Reis anzubauen Langusten zu züchten. Man kauft aus einem Zuchtbetrieb einige zig-tausend Tierchen, setzt sie in dem künstlichen Teich aus, und füttert sie täglich mehrmals mit einem von den Zuchtbetrieben verkauften Spezialmehl. Wenn nach zwei bis drei Monaten die Winzlinge Fingerlänge erreicht haben, pumpt man den ganzen Teich durch Fangnetze aus. Die sich in den Netzen ansammelnden Langusten werden durch von Bangkok angereiste Aufkäufer übernommen, und zum größten Teil exportiert. Das für die ersten Züchter ganz einträgliche Geschäft, veranlaßte dann alle Bauern Teiche anzulegen, und sich auf die Langustenzucht zu verlegen; wo früher weite Reisfelder wogten, reiht sich heute Teich an Teich. Dies mit dem vorhersehbaren Erfolg, daß mit wachsendem Angebot die von den Aufkäufern gezahlten Preise immer weiter fielen, so daß sich oft die Zucht kaum noch lohnt. Es müssen ja nicht nur der Teich angelegt und die Setzlinge gekauft werden, sondern auch das Futter und verschiedene Chemikalien, die verhindern sollen, daß die ganze Brut krank wird und abstirbt. Das verlangt von jedem Züchter Investitionen von einigen zigtausend Baht, für die meist Kredite aufgenommen werden müssen. Dazu einige Monate Arbeit, denn die Tierchen müssen Tag und Nacht gefüttert und versorgt werden. Wenn dann - was gar nicht selten geschieht - die ganze Brut eingeht, weil sich ein Virus eingeschlichen, oder der neidische Nachbar Gift in den Teich geschüttet hat, dann bleibt ein dickes Manko.
All das ist aber immer nur das Risiko für den Einzelnen. Was viel schwerer wiegt, ist die dadurch verursachte Umweltzerstörung. Das aus den Teichen bei der Langustenernte abgepumpte und mit den Ausscheidungen von zig-tausend Langusten, Chemikalien und Nahrungsresten verschmutzte Wasser wird einfach wieder in den nächsten Klong gepumpt. Dies mit dem Erfolg, das sich zum Beispiel das an meinem Haus vorbeifließende und früher fischreiche Gewässer, in dem die Kinder badeten, inzwischen in eine stinkende Brühe verwandelt hat, in der kein Fisch mehr überleben, und kein Mensch mehr baden kann. Dafür ist die ganze Wasseroberfläche mit einem dichten Netz von Wasserpflanzen überwuchert, die in dem Schmutzwasser reichlich Nahrung finden, und den frueher regen Bootsverkehr fast unmöglich machen.
Wenn sich die Langustenzucht eines Tages überhaupt nicht mehr lohnt, oder nicht mehr möglich ist, weil das dem Kanal entnommene Wasser inzwischen so verschmutzt ist, daß keine Langusten mehr darin leben können, wird es kaum möglich sein, alle diese Löcher wieder in ertragreiche Reisfelder umzuwandeln. Dann wird man plötzlich feststellen, daß man sich selbst den Ast abgesägt hat, auf dem man sitzt und in Zukunft sitzen muß, weil es dann keine andere Möglichkeit gibt den Lebensunterhalt zu verdienen als den Reisanbau, der Boden aber durch die Langustenzucht so verseucht ist, dass keine vernünftige Reisernte mehr zu erzielen ist. Die Regierung hat inzwischen zwar das Anlegen von neuen Teichen verboten, aber wie üblich hält sich keiner daran, solange die Möglichkeit besteht, durch Nichtbeachtung der Verbote noch ein paar Baht zu verdienen.
Hier wiederholt sich das, was sich vor einigen Jahren mit der Waldzerstörung abspielte. Nachdem die einst reichen Wälder des Landes über Jahrzehnte rücksichtslos abgeholzt wurden, so daß es zu einer immer stärkeren Bodenkorrosion und zu katastrophalen Erdrutschen kam, wurde jeglicher Holzeinschlag grundsätzlich verboten, Mit dem Erfolg, daß nun einige Konzessionäre, die - gegen entsprechende Schmiergelder natürlich - weiterhin Wälder abholzen dürfen, und sich ebenso natürlich dabei an keinerlei Auflagen halten dabei ein Vermögen verdienen. Bauholz, früher der Grundbaustoff auf dem Lande, ist inzwischen unerschwinglich teuer geworden.
Guenther